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Es beabsichtigt eine vertiefte Einsicht in die Komplexität des Problems wie auch in ideologische Vorgaben sowie Auswirkungen des Konzepts des "Genderns". Dazu gehört insbesondere die in diesem Konzept angelegte Spaltung der Sprachgemeinschaft, die durch Polemik von beiden Seiten noch vertieft wird.
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Zu Voraussetzungen und Zielen des Projekts
Werner Engelmann, 13. 10. 2021
Anders als in Frankreich gibt es in Deutschland keine "Akademie", welche die Befugnis hätte, Sprachverhalten im öffentlichen Bereich vorzuschreiben. Sprachverhalten und Sprachveränderung werden der gesellschaftlichen Diskussion überantwortet. Und selbst dem Duden, der seine Aufgabe bisher als rein deskriptiv verstand, also zu beschreiben, was sich im Sprachgebrauch bereits durchgesetzt hat, kommt lediglich im Bereich Rechtschreibung Verbindlichkeit zu. Für die Bereiche Grammatik und Lexik aber gibt es keine Institution, die (von einigen Bereichen wie etwa der öffentlichen Verwaltung abgesehen) befugt wäre, Vorschriften zu erlassen.
In diesen Hohlraum fehlender Regelungen sind einige, vorwiegend akademische Kreise sowie in öffentlich-rechtlichen oder Print-Medien vorgestoßen, die sich selbst als "Vorhut der Gesellschaft" verstehen. Die sich berechtigt fühlen, zu dem von ihnen vorgegebenen "guten Zweck" (vermeintlicher) "Gender-Gerechtigkeit" nach dem eigenen subjektiven Gefühl von "gendersensiblem Sprechen" Grammatik und Lexik der deutschen Sprache in massiver, bisher nicht gekannter Weise zu verändern, indem sie einfach Fakten schaffen.
In der Realität aber haben sie die Sprachgemeinschaft gespalten und massive Abwehr bei der Mehrheit der Bevölkerung hervorgerufen, die sich - gewiss nicht zu Unrecht - bevormundet fühlt.
Eine Situation, die - nach US-amerikanischem "Vorbild" - auch die Gesellschaft zu spalten droht, mit erkennbaren Tendenzen fortschreitender Radikalisierung auf beiden Seiten.
Eine Situation, die dringend eine breite und offene Diskussion in Hinblick auf einen gesellschaftlichen Konsens erforderlich macht.
Einem solchen breiten gesellschaftlichen Dialog stehen aber nicht nur ideologische, sondern auch viele praktische Gründe entgegen:
Einerseits ist die Verflechtung linguistischer, weltanschaulicher und politischer Zusammenhänge viel zu komplex, als dass auf medialer Ebene eine fruchtbare Diskussion mit allen Angehörigen der Sprachgemeinschaft zustande kommen könnte. So beschränkt man sich weitgehend auf Austausch von Polemik und gegenseitigen Feindseligkeiten. Diesen gegenwärtigen Status quo würde man in Frankreich als "dialogue de sourds" (Dialog zwischen Taubstummen) beschreiben.
Andererseits gibt es auch enge regionale Grenzen: Interessante Ansätze und Analysen, die eine fruchtbare Diskussion bewirken könnten, werden in der Regel in unterschiedlichsten privaten Print-Medien veröffentlicht, die ihrerseits mittels Bezahlschranke hohe Hürden errichten und den Zugang für Interessierte auf nationaler Ebene außerordentlich erschweren.
Was notwendig wäre, ist ein parteipolitisch und von Regierungsinstitutionen unabhängiges Portal, für jedermann zugänglich, dessen Betreiber sich einem sachlich-unideologischen, zensurfreien, ausschließlich der Sprachgemeinschaft insgesamt dienlichen gesellschaftlichen Dialog verpflichtet fühlen.
Existierende Portale, wie etwa "gendern.de", "genderleicht.de", "https://gender.verdi.de" erfüllen diese Anforderungen nicht im Entferntesten. Sie betrachten eine niemals richtig begonnene Diskussion als bereits abgeschlossen, gefallen sich in "Ratschlägen" für "gendergerechten Sprachgebrauch" und scheuen sich auch nicht, "unpassende" Beiträge zu zensieren.
Und selbst die gegenwärtige Duden-Redaktion fühlt sich, in radikaler Abkehr von der bisherigen zurückhaltenden Praxis, einen bestehenden Konsens zu dokumentieren, als Antreiber der Gendern-Bewegung. Und sie maßt sich in der neuen Online-Ausgabe des Wörterbuchs an, entgegen einer großen Mehrheit der Sprachgemeinschaft, die Bedeutung zahlloser Begriffe entsprechend den Bedürfnissen der Gendern-Bewegung, normativ verordnend, als verbindlich vorzuschreiben.
In einer solchen Situation bietet sich an, eine konstruktive Diskussion in kleinem Kreis zu beginnen, welche die Belange der Sprachgemeinschaft insgesamt in den Vordergrund stellt, ohne die grundsätzliche Notwendigkeit zu leugnen, dass ein sich änderndes gesellschaftliches Bewusstsein selbstverständlich auch seinen sprachlichen Niederschlag finden muss.
Das erfordert zunächst eine kritische Bestandsaufnahme des Gegebenen sowie Bereitschaft zu offenem und konstruktiven Dialog ohne ideologische Festlegungen und Barrieren.
Dabei ist davon auszugehen, dass eine Bewegung, welche auf gesellschaftliche Veränderung mittels massiver Veränderung von Grammatik, Lexik und Rechtschreibung der deutschen Sprache zielt, gegenüber der Sprachgemeinschaft zunächst als erste verpflichtet ist, selbstkritisch ihren eigenen Ansatz unter die Lupe zu nehmen, reale Auswirkungen ihrer "Vorschläge" zu prüfen sowie von sich aus eine breite Diskussion darüber anzuregen.
Leider ist festzustellen, dass die Promotoren der Gendern-Bewegung dieser Verpflichtung gegenüber der Sprachgemeinschaft nicht nur nicht nachkommen, sondern im Gegenteil eine Strategie eingeschlagen haben, wodurch die Mehrheit der Sprachgemeinschaft sich überrumpelt und bevormunde fühlt. Dies insbesondere, indem mit Hilfe von Multiplikatoren in Medien und Verwaltung "Vorschläge" der Sprachveränderung exekutiert statt diskutiert werden, mit dem erkennbaren Ziel, Fakten zu schaffen, welche nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden könnten.
Dies ist ein Verfahren, das in einer demokratischen Gesellschaft nicht hinnehmbar ist. Eine Demokratie lebt von offen ausgetragener Kritik und Selbstkritik, nicht von messianischem Geist einer selbsternannten "Elite".
Dementsprechend wären hier kritische Analysen in den Mittelpunkt zu stellen, welche von der Gendern-Bewegung in sträflicher Weise vernachlässigt werden. Die nicht von voreingenommenen ideologischen Positionen aus Schlüsse und Folgerungen zieht, die sich - unabhängig von parteipolitischen Einstellungen - sowohl gesamtgesellschaftlichen Belangen gegenüber verpflichtet weiß als auch sich offen zeigt gegenüber notwendigen Veränderungen, auch hinsichtlich des eigenen Sprechens.
Auf eine genauere Analyse von aggressiven Gegenstrategien selbsternannter "Sprachbewahrer" mit erkennbar parteipolitischem Einschlag, die lediglich einen Reflex darstellen, kann getrost verzichtet werden. Nur seriöse Auseinandersetzungen, etwa auf linguistischer Ebene, wären hier ins Auge zu fassen.
Die genauere Festlegung der hier zu bearbeitenden Problembereiche wäre noch zu ergänzen.
Vorschläge in dieser Hinsicht sowie kritischer, sachlich ausgewiesener WIDERSPRUCH ist ausdrücklich ERWÜNSCHT.
Dazu sei auf das Anmeldeformular im Eingangsportal "FR-Forum" verwiesen.
Als Einstieg sei ein Essay zur Diskussion gestellt, der, bewusst aus der Sicht eines persönlichen Erlebens, zunächst den Aspekt in den Vordergrund stellt, der von der Gendern-Bewegung systematisch verdrängt wird: die Sicht eines Hörers/Lesers (ohne geschlechtsspezifische Implikation):
"Eine ganz persönliche Gendern-Erfahrung"
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ZUR DISKUSSION GESTELLT
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OKTOBER 2011
Eine ganz persönliche Gendern-Erfahrung
Essay von Werner Engelmann
10.10.2021
Ich liebe Wissenschaftssendungen.
Vor allem solche, welche Dingen nachgehen, die, meist unbewusst, unser Leben bestimmen. Die zu reflektieren wir uns dennoch scheuen - aus Angst, dies könnte Einsichten zutage befördern, die uns
unangenehm sind.
So etwa eine Sendung auf 3sat über "unsere dunklen Seiten" - "selbstverliebt, machthungrig, kaltherzig".
Es beginnt sehr interessant: Über Erscheinungsformen narzisstischen Verhaltens, die man nicht wahrhaben will, die man daher auf andere projiziert. Über Selbstdarsteller
und ihren Zwang, sich selbst immer und überall in den Mittelpunkt zu stellen, die eigenen Befindlichkeiten hinaus zu posaunen und sie anderen aufzudrängen. Über eine daraus erwachsende Manie, die
sich mehr und mehr ausbreitet und die heutzutage besonders in "Sozialen Medien" fröhliche Urstände feiert. Geschlechterunterschiede spielen dabei offensichtlich keine Rolle.
Eine wirklich interessante Sendung.
Dann aber bricht es herein, völlig unverhofft und fern der Thematik: Es schwirrt nur so von "Psychopath:innen", "Patient:innen", "Kund:innen" und so weiter. Lustvoll
akzentuierend setzt der Sprecher seine Knacklaute an. Ich fühle, wie die einander jagenden "-innen" wie Hammerschläge auf mich niederprasseln.
Mit einem Schlag ist jede Konzentration verschwunden. Meine Gedanken sind wie lahm gelegt. Ich fühle mich überrumpelt, niedergeschrien, in meinem Interesse an einem
Thema verhöhnt, das den Anschein erweckte, dass endlich einmal nicht alles durch die Geschlechterbrille betrachtet werde.
Einen Augenblick lang bin ich wütend auf mich selbst. Ich höre eine höhnende Stimme: "Ja, alter weißer Mann: Auch Du wirst noch einsehen, dass eine Sprache sich
verändert!"
Ich bin verwirrt: Und hat diese Stimme - schon tausendmal gehört - denn nicht Recht?
Ich lehne mich zurück, versuche mich zu fassen: Nein, sie hat nicht Recht! - Wann hätte ich mich denn jemals gegen Veränderung gewehrt? Ganz im Gegenteil! Es hängt nur
davon ab, in wessen Interesse, in welche Richtung und vor allem: in welcher Art und Weise Veränderung befördert werden soll. Und es gibt gute Gründe, sich gegen eine "Sprachveränderung" aufzulehnen,
die dir aufoktroyiert wird: Sprache ist nicht Privatbesitz, Eigentum einer selbst ernannten "Elite". Sie ist "Schlüssel zum Welt- und Selbstverständnis sowie zentrales Mittel zwischenmenschlicher
Verständigung".1 Das gilt für alle Mitglieder einer Sprachgemeinschaft gleichermaßen und mit gleichem Recht.
Ein Bild taucht in mir auf: von mir als 9jährigem Knirps, der zum ersten Mal aufbegehrte. Der sich dagegen wehrte, was man ihm, als "Frömmigkeit" verkleidet, an
Schuldgefühlen einzuimpfen suchte: Religiöse "Erziehung" der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts, die für mich zum Prototyp pädagogischer Holzhammermethodik wurde.
Ich erschrecke wieder, versuche mich zu fassen, schließe die Augen: Woher nur diese Assoziation? - Wovon war doch eben noch die Rede? Ging es nicht um Drang nach
Selbstdarstellung?
Eine Stimme: "Es gibt ein Recht auf Sichtbarkeit." Ich kenne diese Stimme: Anatol Stefanowitsch, Professor, Linguist und seines Zeichens Promotor der
Gendern-Bewegung.2
Ein "Recht auf Sichtbarkeit"? Ich kenne nur eine Pflicht zur Sichtbarkeit.
Wieder Bilder aus der Kindheit: Fronleichnams-Prozession in Bayern. Wir wandeln durch die Fluren, der Pfarrer an der Spitze, hoch erhoben die Hände mit der Monstranz,
die heilige Hostie in der Mitte. Dahinter die Messdiener, Kinder, Frauen, laut singend, in größerem Abstand auch die Männer. Die aber singen nicht.
Ja, das war Pflicht zur Sichtbarkeit: Brav hinterher zu dackeln, hinter dem Pfarrer mit der Monstranz. Damit auch alle Welt meine so christliche Einstellung sehen kann.
Und damit mein Lästern gegen andere unter der Woche schnell vergessen ist. Damit ich mich in meiner für alle sichtbaren Christlichkeit so richtig wohl, als guter Mensch fühlen kann.
"Recht auf Sichtbarkeit"! - Solche "Sichtbarkeit" war es vor allem, gegen die mein kindliches Gemüt sich damals auflehnte. Und die mich später veranlasste, Abstand zu
nehmen von diesem Verein. Denn meine religiösen Überzeugungen gehen niemanden etwas an.
Und, verehrter Herr Professor: Von welchem "Recht" sprechen Sie eigentlich? Wo ist dieses niedergeschrieben, demokratisch beschlossen worden, verbindlich für die gesamte
Gemeinschaft?
Ich kenne ein international verbindliches Recht: die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte":
"Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechte geboren."
Welcher Ergänzung bedürfte dies noch? - Da wird nicht nach Menschengruppen oder nach Geschlechtern unterschieden. Es geht um "Menschenrechte", die allen Menschen als
Menschen zukommen - und nicht als Christen, Weißen, Deutschen, Männern, Frauen oder "Diversen". Denn als Menschen sind wir alle gleich.
Da ist nicht von geschlechtlicher "Identität" die Rede, die immer und überall, auch sprachlich, in den Vordergrund zu stellen sei. Noch weniger von Männern, die
"gemeint" und Frauen, die immer nur "mitgemeint" seien. Universalität, Gleichheit der Geschlechter, Respekt vor dem Menschen als Menschen erweist sich dadurch, dass diese Unterschiede gerade nicht
sichtbar gemacht werden, weil sie unter dem Aspekt von Mitmenschlichkeit bedeutungslos sind.
Gewiss: Die patriarchale Gesellschaft hat Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern geschaffen, Unterschiede verhärtet und sie als vermeintlich
"göttlichen Willen" mystifiziert. Dies gilt es zu bekämpfen, und zwar in der Realität: In einem langen demokratischen Kampf, der die Belange nicht zuvörderst einzelner Gruppen, sondern aller Menschen
der sozialen Gemeinschaft im Auge hat und der sie in größtmöglichem Maße beteiligt. Und damit die Gleichheit der Geschlechter auch in der Realität vorangebracht wird - so die französische Philosophin
und Feministin Elisabeth Badinter - muss man das Gemeinsame, das Verbindende der Geschlechter betonen.3
Es ist auch richtig, dass dieser Kampf vor allem von Minderheiten, meist benachteiligten, geführt wurde. Doch nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Verpflichtung,
die sich aus den Allgemeinen Menschenrechten ergibt. So hat etwa der Jude Karl Marx sich geweigert, die Judenfrage abzutrennen vom Kampf des Proletariats, als dem übergeordneten Interesse.
So haben Frauenrechtlerinnen wie die Suffragetten, Verleumdung, Leid, auch Verfolgung in Kauf genommen in einem Jahrzehnte langen Kampf um ein allgemeines, gleiches
Wahlrecht, welches das Frauenwahlrecht impliziert. Das etwa in der Schweiz erst im Jahre 1971 eingeführt wurde.
Dieser Kampf war erfolgreich, denn er vollzog sich in der Realität, nicht durch sprachliche Begriffe und Fiktionen. Der Ort seiner "Sichtbarkeit" war die Straße, das
Erfolgsrezept war solidarisches Zusammenstehen.
Wie himmelweit entfernt davon ein Postulat von "Sichtbarkeit", das sich auf Selbstdarstellung kapriziert! Bei dem das Erleben und Ausleben der eigenen "Identität" im
Vordergrund steht, und das die eigene "identitäre" Sicht zur Norm erklärt. Die nicht mehr, sondern weniger Respekt bewirkt, vor anderen Menschen im Allgemeinen und vor Minderheiten im
Besonderen.
Ja, ich weiß: Die Gendern-Bewegung reklamiert für sich einen "guten Zweck", es gehe ihr um "geschlechtersensibles Sprechen". - Doch auch der beste Zweck heiligt nicht
die Mittel.
Wie "sensibel" ist das denn, jegliches Sprechen zu sexualisieren - egal, ob sinnvoll oder nicht, egal, ob dabei Geschlechter-beziehungen überhaupt eine Rolle spielen?
Was ist das für eine "Sensibilität", die in wildem Furor meint, viele Tausende von Wörtern aus dem deutschen Sprachschatz eliminieren zu müssen? Die - bewusst oder unbewusst - dem erklärten Anliegen
einer "feministischen Linguistik" folgt, "eine gezielte Allergie gegen das Maskulinum" zu schüren?
Deren Gründerin, Luise Pusch, der "deutschen Sprache" den Krieg erklärt hat, da diese ja nichts anderes im Schilde führe als "die sprachliche Vernichtung der Frau". Die
ein in Jahrhunderten gewachsenes System personifiziert, es mystifizierend mit menschlichen Attributen ausstattet, um es ihrer "Therapie" unterziehen zu können.4 Was mit einer Wissenschaft, das die Linguistik zu sein beansprucht, nun nicht mehr das geringste zu tun hat. - In der Tat: Ein Vorhaben, das vor Bescheidenheit,
Differenziertheit und "Sensibilität" nur so strotzt!
Und noch eins, verehrter Herr Professor: Wenn es ein solches "Recht auf Sichtbarkeit" wirklich gäbe - gäbe es dann nicht auch ein "Recht auf Unsichtbarkeit"? Das sich,
mit weit größerem Recht, auf die Erklärung der universellen Menschenrechte berufen könnte: Ein Recht, von penetranter "Sichtbarkeit" verschont zu werden, welche die eigenen Befindlichkeiten zum
allgemeingültigen Maßstab erhebt und die sich nicht um die Belange der Hörer schert, die diese zu erleiden haben?
Szenen aus meinem eigenen Sprachunterricht kommen mir in Erinnerung: Es ging um autoritäres und partnerschaftliches Verhalten, das sich sprachlich niederschlägt in
einseitiger bzw. in wechselseitiger Kommunikation.
Beim autoritären Sprecher kreist alles Denken und Sprechen nur um sich selbst. Er macht nur seine eigene Absicht hörbar - nicht anders als die genannten
"Selbstdarsteller" in ihrem Drang nach "Sichtbarkeit". Bei wechselseitiger Kommunikation dagegen versucht der Sprecher, eine partnerschaftliche Beziehung zum Hörer aufzubauen und sich auf ihn, auf
seine Erwartungen und Probleme einzulassen.
Denn, ob bewusst oder unbewusst: Jedes Sprechen wird neben dem "Inhaltsaspekt" immer auch durch den "Beziehungsaspekt" geprägt: Es geht nicht nur um die Übermittlung von
Inhalten, es geht auch darum, durch entsprechende Beziehung zum Hörer Aufnahmebereitschaft zu erzeugen.
Die Methode des NLP (Neuro-Linguistic-Programmation) nutzt diesen Sachverhalt sehr geschickt: Der Sprecher nimmt selbst die äußere Haltung des Gesprächspartners an, er
"spiegelt" sie, um so intuitiv Gesprächsbereitschaft zu befördern. Gut geschulte und aufgeschlossene Manager setzen diese Methode offenbar recht erfolgreich ein.
Das gerade Gegenteil bei der Gendern-Ideologie: Allein auf eigene Befindlichkeiten fixiert, interessiert sich der Sprecher oder die Sprecherin gar nicht für die des
Gegenüber. Jedes Sprechen wird mit einer stereotypen zweiten "Botschaft" überlagert, die in keinem Zusammenhang zum eigentlichen Inhalt steht. Dabei hat doch die Psychologie der Werbung längst
aufgezeigt, dass stereotype Wiederholung der immer gleichen "Botschaft" im besten Falle Abstumpfung bewirkt. Dass dies in der Regel aber intuitive Abwehr erzeugt, die oft umschlägt in
Aggression.
Und während man sich einbildet, weibliche Emanzipation zu befördern, perpetuiert man in Wirklichkeit - nur mit anderem Vorzeichen - stupide patriarchale
Geschlechterklischees.
Wie hieß es doch in der Sendung über "unsere dunklen Seiten"? - Dem Drang zur Selbstdarstellung wohnt auch die Tendenz zu Radikalisierung inne: Aus innerem Drang wird
Zwang und schließlich Manie.
Und in der Tat: Auch in immer neuen Vermeidungsstrategien der Gendern-Ideologie, die immer lächerlicher werden, in immer stärkerem Zwang zum radikalen Ummodeln der so
"schrecklichen", weil "männerfixierten" deutschen Sprache wird erkennbar, welche absonderlichen Früchte "gezielte Allergie gegen das Maskulinum" in Wirklichkeit zeitigt.
Und nicht zuletzt treibt solcher Art systematisch betriebene "Viktimisierung der Frau" gerade auch selbstbewusste Frauen auf die Barrikaden. Denn sie heftet ihnen ein
Opfer-Klischee an, von Selbstmitleid bestimmt, das zurückzuführt in selbstzerstörerischen Geschlechterkampfmodus.
Das wiederum ist der Hauptgrund, weshalb die Frauenrechtlerin Elisabeth Badinter diese Tendenz am "Feminismus" US-amerikanischer Provenienz in scharfer Weise kritisiert. 5
Kein Wunder, dass noch keine der großen Leitfiguren der Gendern-Strategie auf die Idee kam, neue Studien anzuregen, um den von ihren erhofften "Erfolg" auch
nachzuweisen, und zwar in der Realität: Etwa durch den Beleg, wie viele Arbeitgeber dadurch zu Einsicht bewegt wurden und die Löhne für Frauen dem der männlichen Kollegen bereits angeglichen haben.
Oder wie viele Frauen in der Folge des Genderns im Begriff sind, die männlichen Domänen der Dax-Vorstände im Sturm zu erobern.
Und ein historischer Vergleich zeigt, wohin ein solches Vorgehen auch noch führen könnte:
"Repräsentation", "Sichtbarkeit vor dem Volk" war das Prinzip, mit dem feudale Machthaber des Mittelalters ihre Macht über das Volk demonstrierten und aufrecht
erhielten.
Und der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas erkennt in seiner Habilitationsschrift "Strukturwandel der Öffentlichkeit" im Aufstieg der modernen Kulturindustrie, in
einer weitgehend gelenkten Schein-Öffentlichkeit der Massenmedien und in manipulativer Werbung Tendenzen der "Refeudalisierung" des Denkens und der gesellschaftlichen Beziehungen. 6
Im Zuge von Manipulation öffentlicher Sprache und öffentlichen Lebens kehren, in vulgarisierter Form, auch feudale Bedürfnisse der "Sichtbarkeit" wieder. Und im
Zeitalter von "Social Media" und "Fake news" bestimmen sie in geradezu beängstigendem Maße das Bewusstsein breiter Massen.
Dass es zu den Aufgaben eines Linguisten gehöre, für solche höchst bedenkliche Entwicklungen auch noch Rechtfertigungen und die passende Ideologie zu liefern, das
freilich darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Mit dem langen, gerechten und aufopferungsvollen Kampf der Frauenbewegung um Gleich-berechtigung hat das zumindest nichts zu tun: Gleichberechtigung wird erkämpft in der
harten Realität und nicht vom bequemen Schreibtischsessel aus, mit der fixen Idee vom Feindbild "deutsche Sprache" und mit der Verbreitung sprachlicher Fiktionen.
Im Übrigen habe ich nicht die Absicht, die eigenen Befindlichkeiten zum Gesetz zu erklären, anderen die eigene Sichtweise aufzuoktroyieren.
Es ging hier um Reflexion und Selbstreflexion, um Respekt vor anderen Menschen, mit anderen Erfahrungen und Einstellungen. Um das Recht aller Angehörigen einer
Sprachgemeinschaft, sich des wertvollsten Instruments der Kommunikation, unserer Sprache, unbedrängt von ideologischen Vorgaben, zu bedienen - solange sie nicht elementare menschliche Rechte und
Gefühle anderer verletzen. Und darum, jedem zu ermöglichen, auf dem ihm gemäßen Weg zu "Welt- und Selbstverständnis" ein Stück voranzuschreiten.
Es liegt in der eigenen Verantwortung eines jeden, Sichtweisen anderer für sich zu reflektieren und über eigene Befindlichkeiten nachzudenken.
Und ging es hier um eine ganz persönliche Gendern-Erfahrung aus der Sicht eines Hörers und um Erinnerungen und Reflexionen, die dadurch ausgelöst werden.
Auch Ihnen, hohe Damen und Herren von der Akademie des Lebens, habe ich nur berichtet.
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1) Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17. Juni 2014 Az.: VI.4-5 S 4402.5-6a.9 171
2) Warum Sprachwandel notwendig ist, https://www.tagesspiegel.de/wissen/warum-sprachwandel-notwendig-ist-der-professor-die-professor-das-professor/26155414.html
3) "Fausse Route", 2003, deutsch: "Die Wiederentdeckung der Gleichheit. Schwache Frauen, gefährliche Männer und andere feministische Irrtümer", 2004
4) "Das Deutsche als Männersprache", Suhrkamp, 1991, S.11 und 46
5) "Fausse Route", a.a.O.
6) Habilitationsschrift 1961, Neuwied und Berlin: Luchterhand SL 25, 19746, §§ 20 und 21, S.217-250
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Nachwort:
Ich bekenne, dass ich den letzten Satz dieses Essays nicht in einer dem üblichen Verfahren entsprechenden Weise gekennzeichnet und dessen wahren Autor verschwiegen
habe.
Mit "Plagiat" hat das indessen nichts zu tun.
Es drückt vielmehr meine Überzeugung aus, dass alle, die sich in der hier angesprochenen Weise mit der vorliegenden Problematik auseinandersetzen, nicht nur über die
Fähigkeit eigenständigen Denkens und der Recherche verfügen. Dass sie auch mündig genug sind sowie selbst über ausreichend Sprachvermögen, Sensibilität und Respekt vor anderen ehrlichen Überzeugungen
verfügen.
Dass sie dementsprechend keines mahnenden Fingers und keiner führenden Hand bedürfen, um auf vorgezeichneten Pfaden sprachlicher "Tugend" zu wandeln.
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Stellungnahmen/ Kritik:
Eine ganz persönliche Gendern-Erfahrung
Martin Dietze, 15.10.2021:
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Hallo, Herr Dietze,
danke für Ihre Rückmeldung und im Besonderen auch für Ihre "kleine Spitzfindigkeit". Es ist ja immer hilfreich, zur Klärung möglicher Unklarheiten herausgefordert zu werden.
Dies gilt hier noch mehr, sprechen Sie doch damit ein wichtiges Problem an, das wohl als nächstes zu klären sein wird.
Um einer tiefergehenden Erörterung nicht vorzugreifen, an dieser Stelle nur so viel:
Wenn man den Satz auf das davor angesprochene Verhältnis von "Inhaltsaspekt" und "Beziehungsaspekt" jeden Sprechens, also von "Sprecher" und "Hörer" bezieht, haben Sie natürlich Recht.
Nachdem dies aber bereits geklärt ist, gehe ich in dem Abschnitt, aus dem dieses Zitat stammt, auf einen grundlegenden Widerspruch der "Gendern-Ideologie" ein. Da liegt nun freilich ein anderer Bezug vor.
In der eingangs kurz angesprochenen Sendung über "unsere dunklen Seiten" werden sehr ausführlich Männer und Frauen analysiert, die von dem genannten Zwang zur "Selbstdarstellung" bestimmt werden. Um einen überflüssigen Exkurs zu vermeiden, habe ich dies in einem Satz zusammengefasst: "Geschlechterunterschiede spielen dabei offensichtlich keine Rolle."
Diesen Bezug greife ich an dieser Stelle wieder auf. Und hier kommen auch mögliche "Geschlechterunterschiede" ins Spiel, die in der linguistischen Terminologie von "Sprecher" und "Hörer" belanglos sind.
Möglicherweise ist dieser Bezug in der knappen Darstellung nicht ausreichend erkennbar. Umso wichtiger daher, einer möglichen Nachfrage Raum zu geben und möglichst einen Dialog zu initiieren.
Es ergibt sich aber noch ein weiterer Bezug: der zu den Lesern und Leserinnen, die mit dem Essay angesprochen werden sollen. Dabei aber ist die Doppelnennung ein Gebot der Höflichkeit.
Jeder Text bzw. jedes Sprechen ist nämlich, neben dem genannten Sprecher- und Hörerbezug (Ausdrucks- und Darstellungsfunktion), mehr oder weniger, noch durch eine dritte Funktion bestimmt: die Appellfunktion (in der Linguistik das "Bühler-Modell" genannt).
Sprachsensibilität ist also (über die von der Gendern-Bewegung einseitig herausgerissene "Gendersensibilität" hinausgehend) daran erkennbar, dass der jeweilige Bezug zum Kontext berücksichtigt und in sensibler Weise auf mögliche andere Sichtweisen darauf eingegangen wird. Ein weiterer gewaltiger Fehler der Gendern-Bewegung also, welche, völlig unsensibel, solche konkreten Bezüge zum jeweiligen Kontext zuschüttet.
Warum Schriftsteller davon in besonderer Weise betroffen und in ihrer ureigenen Tätigkeit werden, das zu klären muss freilich einer weiteren, tiefer gehenden Erörterung vorbehalten bleiben.
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Martin Dietze, 15.10.2021:
Werner Engelmann, 15.10.2021
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August 2021
Gendern und Fortentwicklung der Sprache
https://www.fr.de/politik/bundestagswahl-2021-tv-triell-spd-gruene-cdu-twittert-gegen-scholz-ton-wird-rauer-zr-90950835.html#idAnchComments
Guest, 31.8.21
Wer hat eigentlich dieses merkwürdige Wort "Triell" verbrochen? "Dreier" klang wohl zu zweideutig?
Werner Engelmann - > Guest
Da ist nichts "verbrochen".
Das ist eine logische Bildung analog zum existierenden "Duell", die bereits bestehende grammatische Möglichkeiten der Wortbildung respektiert.
Das funktioniert ganz ähnlich wie bei "Duett", "Terzett", "Quintett" usw. oder bei "Monolog" und "Dialog".
Es benutzt bereits bestehende grammatische Möglichkeiten der Wortbildung, respektiert also innere Gesetzmäßigkeiten der Sprache.
Der (bisher) für den Duden wegweisende Sprachwissenschaftler Hans Glinz bezeichnet diese als "innere Form des Deutschen". (Vorwort von Paul Grebe zur 4. Auflage des Grammatik-Dudens, 1959)
So erweist sich auch eine sinnvolle Weiterentwicklung der Sprache und richtiges Sprachverständnis, das dem grammatischen System der Sprache nicht dezisionistisch bestimmte ideologische Sichtweisen aufpfropft (unabhängig davon, wie berechtigt diese erscheinen mögen).
Also ein positives Gegenbeispiel zu dem, was einem von manchen Gendern-"Spezialisten" als vermeintliche "Weiterentwicklung der Sprache" zugemutet wird.
April 2021
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Artikel:
https://www.fr.de/meinung/kommentare/robert-habeck-gruene-annalena-baerbock-kanzler-kfrage-bundestagswahl-90470947.html
22.04.2021
von Stephan Hebel
Kernaussage:
"Eine männliche Form der „Heulsuse“ muss her. Kein Geringerer als Robert Habeck hat dafür gesorgt, dass daran kein Weg mehr vorbei führt.
Bezug zu Kommentar:
Guest:
"also, ich finde es sehr ungerecht, wenn der Herr Habeck hier als "Heulsuse" abqualifiziert wird. Genauso würde ich im umgekehrten Falle argumentieren, wenn die Frau Baerbock als solche dargestellt würde."
Werner Engelmann, 24.4.2021
Ich stimme Ihnen völlig zu.
Sie haben offenbar die Voreingenommernheit richtig erkannt, aufgrund derer sich Herr Hebel hier reichlich verrannt hat.
Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch in der "Beweisführung" völlig daneben:
In keiner der Äußerungen Herrn Habecks kann ich eine Rechtfertigung für eine solch herablassende und arrogante Abwertung als einem von "Selbstmitleid" ergriffenen Menschen oder gar als "Heulsuse"
erkennen.
Und unseriös ist es zu unterschlagen, dass derselbe Herr Habeck vorher bei der Nominierung von Frau Baerbock selbst mitgewirkt haben muss.
Herr Hebel liefert aber auch ein klares Indiz, dass es ihm gar nicht um Herrn Habeck geht: "Eine männliche Form der „Heulsuse“ muss her."
Da muss dann Herrn Habeck eins ausgewischt werden, um sich selbst als kämpferischer "Gendern"-Fan und "Feminist" präsentieren zu können.
Und er muss als vermeintlicher "Beleg" herhalten für das vorab gesetzte, verallgemeinernde Postulat vom Deutschen als bloßer Ausdrucksform einer "männerdominierten Gesellschaft".
Entlarvend ist dabei nicht nur Herrn Hebels unkritische Affirmation der von Verallgemeinerungen strotzenden These einer Luise Pusch vom "Deutschen als Männersprache".
Auch deren fragwürdige Methodik wird hier sichtbar, nach der individuelle Menschen lediglich als Verkörperung einer a priori angenommenen Theorie begriffen und beurteilt werden, Nach individuellen
Eigenschaften wird gar nicht mehr gefragt. Und schon gar nicht wird versucht, mit dem Urteil auch dem Menschen gerecht zu werden.
Eben das sind Merkmale einer Ideologie.
Es ist auch zu erkennen, in welchem Maße selbst ein ansonsten seriöser Journalist journalistische Sorgfalt vermissen lässt, jegliche Distanz und krtitische Selbstreflexion verliert, wenn er sich erst einmal selbst zum Propagandisten degradiert hat.
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@ Anja, 19. Januar 2021 um 17:28
@ Ernst Niemeier, 27. Januar 2021 um 9:08
Zum taz-Interview von Petra Gerster betr. „Gendern“ – Petra Brixel: „Bleiben Sie sich treu!“
Liebe Anja,
einem Satz von Ihnen würde ich voll zustimmen:
„Wir müssen uns alle mehr Gedanken darüber machen, was wir mit Sprache machen und wen wir meinen oder auch nur mitmeinen.“
Auch stimme ich dem Eindruck zu, dass im Zuge der Diskussion durchaus AUCH ein neues Bewusstsein für Befindlichkeiten anderer entstanden ist, das positiv genutzt werden KÖNNTE. Für das, was daraus
von der „Gendern“-Bewegung gemacht wird, sowie ihre „Vorschläge“ gilt das aber ganz und gar nicht.
Sich solche – kritischen – Gedanken zu machen ist aber auch angebracht, wenn etwa die Leserbriefschreiberin Petra Brixel, deren Meinung Sie teilen, ihr Plädoyer für radikales Gendern mit dem Aufruf verbindet: „Bleiben Sie sich treu!“
Welche Vorstellung von „Treue“ steckt da dahinter? „Treue“ zu wem? Zu welchem Zweck? Mit welchen Folgen?
Als einer, der nun mal der viel gescholtenen Gruppe „alter Männer“ angehört, stellen sich bei einem solch vagen Umgang mit einem zentralen Begriff auch ganz andere, beunruhigende Bilder ein: von
Studenten etwa, auf dem Opernplatz in Berlin, tief überzeugt von ihrer „großen“ historischen Mission. Und die, „getreu“ dieser „Mission“, Schriften von Heinrich und Thomas Mann, Erich Kästner,
Sigmund Freud, von Tucholsky und Ossietzky und anderen den Flammen übergeben.
Die blieben sich auch „treu“ – in beängstigendem Übermaß sogar.
Es versteht sich von selbst, dass diese Assoziation keinen Vergleich beinhaltet. Wohl aber ist dies als Hinweis zu verstehen, dass „sich Gedanken machen“ vorbehaltlos zu erfolgen hat, dass dabei auch der eigene Denkansatz zu hinterfragen ist.
Was zuerst die Erkenntnis beinhaltet, dass eine derart komplexe Problematik nicht mit ein paar Worten abzuhandeln ist. Und dass sich vor allem Verallgemeinerungen und Geschlechterkampf-Attitüden
verbieten.
Und dann eine Reflexion darüber, was eigentlich eine „Sprachgemeinschaft“ ausmacht: Diese wird nach Duden von der „Gesamtheit aller muttersprachlichen Sprecher einer Sprache“ gebildet. Was auch bedeutet, dass keiner einzelnen Gruppe das Recht zukommt, die gemeinsame Sprache nach ihren
eigenen Bedürfnissen zurecht zu modeln – und seien diese noch so legitim und nachvollziehbar. Das von „Gendern“-Ideologen wie Anatol Stefanowitsch zu dem Zweck
beschworene „Recht auf Sichtbarkeit“ gibt es nicht.
Im Folgenden sei versucht, einige wesentliche Probleme aus dem Blickwinkel der Sprachgemeinschaft insgesamt aufzuzeigen.
Teil 1: Zu problematischen Äußerungen im Interview mit Petra Gerster
(https://taz.de/ZDF-Moderatorin-uebers-Gendern/!5741686/)
(a) „Sprache ist ja etwas Lebendiges. Sie verändert sich mit der Gesellschaft.“
Eine sicher richtige, im Grunde triviale Äußerung.
Im Kontext einer Rechtfertigung für „Gendern“ ist damit aber auch ein Moment (1) der Unterstellung und (2) der Verschleierung verbunden. Sie suggeriert (völlig zu Unrecht), dass, wer dieses Konzept
kritisiert, überhaupt gegen Veränderung sei. Und sie möchte glauben machen, dass „Gendern“ ein Ausdruck von natürlicher Lebendigkeit von Sprache sei.
Das ist grundlegend falsch. Es ist mit einem willkürlichen und massiven Eingriff in das grammatische System verbunden, wozu es, zumindest im Deutschen, in dieser Form keine historische Parallele
gibt. Nicht einmal die Nazis, welche bei der propagandistischen Uminterpretation von Bedeutungen und ganzer literarischer Werke (sogar dem „Faust“) zu ihren Zwecken nicht zimperlich waren, haben das
grammatische System angetastet.
(b) „Um das Thema tobt ein ideologischer Kampf, der vornehmlich von – wie ich vermute – älteren Männern geführt wird.“
Dies ist eine höchst problematische Form der Verschleierung mit dem Mittel der Personifikation, vergleichbar mit der „Verschleierungsform“ Passiv:
Dieser „Kampf“ „tobt“ nicht, denn er ist keine Person. Er wird vielmehr bewusst von Menschen (hier z.B. von Luise Pusch) initiiert, inszeniert und z.T. von Gegnern
(hier: „ältere Männer“, zum Feindbild erklärt) aufgegriffen, angeheizt und auf die Spitze getrieben.
Solche Ausdrucksweisen bilden die Grundlage von Manipulation, lassen keine Differenzierung, keine selbstkritische Betrachtung zu. Sie haben also in einem kritischen Journalismus nichts zu suchen,
dessen Anspruch Klarheit sein muss. Und dazu gehört, Ross und Reiter zu nennen.
Noch mehr gilt das für die folgende Spekulation über diese „älteren Männer“, die von „Angst“ getrieben seien (…), „etwas von dieser Macht an Frauen und ‚andere
Minderheiten‘ abgeben zu müssen“. Auf eine solche Ebene von Geschlechterkampfrhetorik begibt sich nur, wem rationale Argumente für den eigenen Standpunkt fehlen.
Es sollte zu denken geben, dass solche Formen verschleierten Sprechens und aggressiver Unterstellung bevorzugt von nationalistischen Kreisen, so zur Diffamierung von Fremden oder Minderheiten,
verwandt wird. Man denke auch an die verschleierte Aufforderung eines Donald Trump an seine „Fans“ zum Sturm aufs Kapitol oder an die Goebbels -Rede vom „totalen Krieg“: „Nun, Volk, steh auf und Sturm brich los!“
(c) „Ich selbst hatte nie ein Problem mit dem generischen Maskulinum (…) Aber meine Großnichte, sie ist 20, fühlt sich dadurch diskriminiert.“
Woher, fragt man sich, weiß denn Frau Gerster, dass ihr eigenes Gefühl Jahrzehnte lang getrogen habe, währenddessen ihre junge Nichte spontan die wirkliche Wahrheit „fühlt“? Mit welchem Recht
schließt sie aus, dass dieses vage „Gefühl“ der Diskriminierung Ergebnis einer gezielten Beeinflussung – etwa einer gezielt verbreiteten Sexualisierung
des Sprechens – sein könnte? Hat es in Deutschland nie Versuche gegeben, Jugendliche ideologisch zu beeinflussen und zu bestimmten politischen Zwecken zu missbrauchen?
Und ist es zuvörderst die Aufgabe einer Sprache, „Gefühle“ einzelner Gruppen zu bedienen, sie durch „Sichtbarkeit“ zu befriedigen, und nicht, eine
weitgehend reibungslose Kommunikation zwischen ALLEN Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft zu ermöglichen?
Teil 2: Defizitäre Sprache oder sexualisierter Diskurs im Geschlechterkampf-Modus?
Im Gegensatz zu ihren jetzigen Behauptungen entspricht der problemlose Umgang der früheren Petra Gerster mit dem „generischen Makulinum“ dem normalen Prozess
des Spracherwerbs in der Auseinandersetzung mit der Umwelt.
So berichtet auch eine Gastautorin der FR, Joane Studnik, – übereinstimmend mit psychologischen und linguistischen Forschungen zum Spracherwerb (Piaget, Wygotski)
– von der spontanen Freude eines Mädchens über ihren Sieg über Jungen mit dem Ausruf: „Erster!“
(https://www.fr.de/meinung/kolumnen/experimentieren-ohne-vorschriften-90174084.html)
Ein unverbildetes Kind hat keine Veranlassung, in eine – formal – maskuline Endung männlichen Sexus oder gar männliche Dominanz und weibliches Unterlegenheitsgefühl hinein zu interpretieren.
Defizitäres Gefühl von „Weiblichkeit“ ist nicht in der Sprache enthalten. Sie ist das Ergebnis einer überspitzten Interpretation und einer Sexualisierung der Sprache, des Diskurses und
dementsprechend der Wahrnehmung, welche von der „Gendern“-Bewegung betrieben wird.
Dieser klassische Rückfall der in Deutschland gegenwärtig den Diskurs bestimmenden „feministischen Linguistik“ in – überholt geglaubte – Geschlechterkampfrhetorik ist keineswegs international
anerkannt, sondern isolationistisch. Die hier betriebene „Viktimisierung“ der Frau wird vielmehr auch von Feministinnen, so von der französischen Philosophin und Frauenrechtlerin Élisabeth Badinter, scharf kritisiert: Das Konzept zur endgültigen Überwindung des Patriarchats ist die „Gleichheit der Geschlechter“ in der Realität.
(„L‘ un est l’autre“, 1986, deutsch: „Ich bin Du“; „Fausse Route“, 2003, deutsch: „Die Wiederentdeckung der Gleichheit. Schwache Frauen, gefährliche Männer und andere
feministische Irrtümer“, 2004)
In extremer Form zeigt sich die Geschlechterkampf-Rhetorik bei der Mentorin der (deutschen) „feministischen Linguistik“, Luise
Pusch: „Das Deutsche als Männersprache“ (Suhrkamp, 1991):
Da ruft sie zu einer Großaktion „Rettet das Femininum“ auf: „Wie lässt es sich am besten retten, wiederbeleben und
weithin verbreiten? Natürlich durch eine gezielte Allergie gegen das Maskulinum.“ (S.11)
Das ist eine Kriegserklärung an das „generische Maskulinum“ und die deutsche Sprache überhaupt. Und das angesichts der Feststellung des Dudens: „Die deutsche Sprache ist mehrheitlich weiblich – zumindest wenn es nach der mengenmäßigen Verteilung der Artikel geht.“
(Genusangabe-im-Rechtschreibduden https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Die-Verteilung-der-Artikel)
Teil 3: Leistung des „generischen Maskulinums“ und Deutsch als Sprache der Philosophie
Deutsch ist bekannt und anerkannt als „Sprache der Philosophie“.
Das liegt an der Flexibilität des Wechsels zwischen den Wortarten, insbesondere der leichten und vielfältigen Möglichkeit der Substantivierung von Verben. So ist „das
Sein“ in der griechischen Philosophie etwas anderes als „das Seiende“. Und Heidegger fügt dem die Substantivierung eines
ganzen Satzes hinzu: das „In-der-Welt-Sein“.
Man versuche, das ins Französische zu übersetzen, um die Leistung der deutschen Sprache zu verstehen!
Das „generische Maskulinum“ ist Teil dieses leistungsstarken Systems.
Es ermöglicht, zwei in der Bedeutung sehr verschiedene substantivische Formen etwa aus den Verben „studieren“ oder „forschen“
abzuleiten: Einerseits die „Verlaufsformen“ „Studierende“ und „Forschende“, die, in substantivischer Form, „das im Verb genannte Sein oder Geschehen als ablaufend, unvollendet“ ausdrücken.
(Duden Grammatik, Band 4, 2.Ausgabe 1966, § 1175)
Andererseits (geschlechtsneutrale) Funktionsbezeichnungen wie „Studenten“ und „Forscher“, die als Gruppe durch ihre TÄTIGKEIT
von anderen abgegrenzt werden. In keiner Weise wird hier eine durch Geschlecht definierte Gruppe „gemeint“, „mitgemeint“ oder ausgeschlossen. Weil einerseits Verben gar kein „Geschlecht“ in dieser
Bedeutung besitzen, und weil andererseits der KONTEXT deutlich macht, dass Funktionsgruppen und nicht konkrete Personen gemeint sind.
Dass in einem ganz anderen Kontext die Endungen -en oder -er auch zur Bezeichnung von Maskulina auftauchen, ist hierbei genauso belanglos wie etwa die Tatsache, dass der feminine Artikel
„die“ im Plural auch zur Bezeichnung von Maskulina und in mehreren weiteren Funktionen verwandt wird. Dies entspricht schlicht dem notwendigen Prinzip der
Sprachökonomie.
Bedeutungen werden von Sprechern wie Hörern aber prinzipiell aus konkreten Sprechakten in konkreten Kontexten erschlossen und nicht aus einem abstrakten grammatischen System, wie Dogmatiker glauben
machen wollen. Ein Faktum, das zu den Grundkenntnissen der modernen (strukturalen) Linguistik gehört.
Kurz auf den Punkt gebracht:
„Studenten“ oder „Forscher“ sind keinesfalls immer „Studierende“ oder „Forschende“. Ihnen sei auch das menschliche Bedürfnis zugebilligt, gelegentlich auch „Schlafende“ sein zu dürfen. Noch weniger können sie
durch die letzteren Begriffe mit völlig unterschiedlicher Bedeutung ersetzt und eliminiert werden.
Noch absurder wird es, wenn „Gender“-Ideologen die Mär verbreiten, eine Studentin könne – da nur „mitgemeint“ – nicht von einem „Studentenwerk“ vertreten werden, wohl aber von einem Unsinnswort wie „Studierendenwerk“. Dies erweist einen erschreckenden Mangel an
sprachlicher Sensibilität gerade von denen, die „Gendersensibilität“ auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Doch nicht nur sie: Selbst die „Deutsche Gesellschaft für Sprache“, die den übrigen „Gendern“-Konzepten äußerst kritisch gegenüber steht, hat gegen
„Vermeidungs“-Strategien dieser Art nichts einzuwenden.
(https://gfds.de/standpunkt-der-gfds-zu-einer-geschlechtergerechten-sprache/)
Ein Indiz, in welchem Maße eine zunehmend dogmatisierte Diskussion selbst bei Menschen, die es besser wissen müssten, den Blick verengt und kritische Betrachtung verdrängt hat.
Entsprechend sollte man sich das Ausmaß der am Kommunikationssystem derart angerichteten Schäden vor Augen zu halten:
Handelt es sich hier doch nicht um einige Einzelfälle. Vielmehr wird hier der Eliminierung ALLER sinnvollen Funktionsbezeichnungen aus der deutschen Sprache das Wort geredet, um sie durch
realitätsverfälschende Partizipialkonstruktionen zu ersetzen: Eine Vielzahl grundlegender sprachlicher Differenzierungen wird so plattgewalzt, mit der Folge der Trivialisierung des Verständnisses,
neben dem philosophischen etwa auch im literarischen Bereich – so dieser Missbrauch sich denn durchsetzen sollte.
Ein Kafka mag sich im Grabe herumdrehen: Künftige Schülergenerationen würden unter solchen Bedingungen nicht mehr begreifen können, dass der „Reisende“ Gregor Samsa in seiner Erzählung „Die Verwandlung“ nicht ein x-beliebiger „Vertreter“ ist.
Dass er vielmehr die Rastlosigkeit eines Menschseins symbolisiert, das nie an einem Ziel ankommt.
Wo die Begriffe fehlen oder eliminiert wurden, ist ein angemessenes, differenziertes Verständnis nicht mehr möglich.
Teil 4: Das „generische Maskulinum“ als Mittel der Verhinderung von Diskriminierung
Der wohl renommierteste gegenwärtige Sprachwissenschaftler, Prof. Peter Eisenberg, führt dazu aus:
„Die (…) semantische Charakterisierung des generischen Maskulinums „Frauen sind mitgemeint“ ist inkorrekt. Frauen sind gar nicht gemeint, ebenso wenig wie Männer oder Geschlechtsidentitäten jenseits der
binären Norm. Darin liegt gerade das Spezifische des generischen Maskulinums.“
Und er betont:
„Die hier vorgelegte Verteidigung des generischen Maskulinums richtet sich nicht gegen die
Verwendung des Deutschen als geschlechtergerechte Sprache, sondern gegen seine Misshandlung und Manipulierung in vermeintlich guter Absicht. Denn gerade das generische Maskulinum ist eine in der Sprache tief verankerte, elegante und leistungsstarke Möglichkeit zur Vermeidung von Diskriminierung.“
(https://www.tagesspiegel.de/wissen/debatte-um-den-gender-stern-finger-weg-vom-generischen-maskulinum/22881808.html)
Und er schließt mit den Worten:
„Wenn wir dafür sorgen, dass es in Zukunft mehr Dirigentinnen, Richterinnen, Pfarrerinnen und Filmemacherinnen gibt als jetzt, tun wir etwas für die Gleichstellung aller in der Gesellschaft. Das
soziale Geschlecht vieler Personengruppen wird sich dann verändern, und falsch bewertete Assoziationstests werden überflüssig. Über einen Krieg gegen das generische Maskulinum erreichen wir das mit
Sicherheit nicht.“
Nichts anderes meint die französische Feministin Élisabeth Badinter mit „Gleichheit der Geschlechter“ in der Realität, die
durch einen radikal sexualisierten Diskurs eher verhindert wird. Und dem ist auch nichts hinzuzufügen.
Und so werde ich auch künftig das „Sichtbar-Machen“ nicht eingebildeter Bedürfnisse, sondern berechtigter Sorgen und Interessen, insbesondere von Jugendlichen, nach Kräften unterstützen. Und ich werde – soweit es uns ermöglicht ist – den weiten Weg nach Freiburg, dem Ort meiner Schulzeit, nehmen, um zusammen mit meiner älteren, 88jährigen Schwester und deren Freundin, mit „Fridays for Future“ und vielen jungen Menschen für deren lebenswerte Zukunft zu demonstrieren.
Anhang:
Da in einem solchen Kontext nur wenige Probleme exemplarisch aufgezeigt werden können, sei auch auf andere Artikel und Kommentare verwiesen:
Zu Anatol Stefanowitsch (aggressive Diskursstrategie, Forderung, „Vorschriften zu erlassen“, Unterstellung von „Frauenfeindlichkeit“ u.a.:
– https://www.tagesspiegel.de/wissen/geschlechtergerechte-sprache-nuetzliche-sternchen-brauchen-keine-amtshilfe/22646438.html
– https://mmm.verdi.de/beruf/gendern-frage-von-macht-und-kreativitaet-59523
Weitere differenziertere Analysen finden sich in Kommentaren unter:
– https://www.fr.de/meinung/kolumnen/experimentieren-ohne-vorschriften-90174084.html#idAnchComments
– https://www.fr.de/politik/duden-gender-neu-sprache-woerterbuch-geschlechter-gerechtigkeit-neutral-forschung-kritik-zr-90161181.html#idAnchComments.
Auf meiner Website werden (unter der Voraussetzung der Einhaltung von Urheberrechten und sachlicher Diskussionsebene) Aufsätze und Kommentare zu diesem Thema gesammelt. Die Veröffentlichung fremder Beiträge bedarf der ausdrücklichen Zustimmung bzw. Anmeldung über Kontaktformular. Zugang über Google/bing: Werner Engelmann + FR-Kommentare)
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Artikel:
https://www.fr.de/meinung/kommentare/friedrich-merz-cdu-union-gendern-laschet-soeder-kanzler-interview-kommentar-90473059.html
Verehrte Frau Thomaser,
Zunächst sei anerkennend hervorgehoben, dass Sie in diesem Kommentar über weite Strecken ein korrektes und durch eine Vielzahl von Äußerungen belegtes Bild
des Politikers Friedrich Merz zeichnen.
Allerdings wird dieser positive Eindruck durch einen reißerischen und einseitig-verfälschenden Titel sowie entsprechende Aussagen am Ende wieder zerstört, betreffend ein Interview von Herrn Merz mit dem "Spiegel" zu verschiedensten Fragen, u.a. zu "Gendern".
Kennzeichnen Sie im Artikel Ihre Einschätzung zu dessen Position noch als Vermutung ("Denn am liebsten möchte er geschlechtergerechte Sprache staatlich verbieten lassen"), so gerinnt dies im
Anschluss daran und im
Titel bereits zu einem Faktum: "Friedrich Merz will Gendern verbieten".
Genügend Veranlassung, Ihrer Darstellung die wirklichen Fakten gegenüberzustellen.
Ihre Darstellung zur Frage Friedrich Merz und "Gendern":
(a) "Merz ärgert es nämlich massiv, dass Hochschullehrer:innen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk das Recht haben, jeden Menschen anzusprechen."
(b) Merz wolle "sprachliche Entwicklungen in Richtung Gerechtigkeit verbieten".
(c) " Für jemanden der sich darüber entrüstet, dass es eine „Sprachpolizei“ gebe, die die Bevölkerung zum Gendern zwingen will, ist es also völlig unproblematisch, exakt das zu tun, was er der
anderen Seite vorwirft -
nämlich Zwang."
Zu den Fakten:
Zu (a/b):
Von bestimmten Vorkämpfern der "Gender-Bewegung", so dem Anglisten Prof. Anatol Stefanowitsch, wird die BEHAUPTUNG aufgestellt, das"generische Maskulinum" sei eine "grammatische Fiktion". (https://www.tagesspiegel.de...
Dieser Einschätzung wird von der Mehrheit der Sprachwissenschaftlern, so dem renommierten Linguistik-Professor Peter Eisenberg, entschieden widersprochen:
"Denn gerade das generische Maskulinum ist eine in
der Sprache tief verankerte, elegante und leistungsstarke Möglichkeit zur Vermeidung von Diskriminierung. (...) Die von den Autorinnen gegebene semantische Charakterisierung des generischen
Maskulinums 'Frauen sind mitgemeint' ist inkorrekt."
Und er überführt Herrn Stefanowitsch der Lüge, der in einem Zeit-Interview behauptet hat, "es gebe auf der Höhe des aktuellen Forschungsstandes keine einzige linguistisch fundierte Verteidigung des
generischen Maskulinums".
(https://www.tagesspiegel.de...
Er kritisiert zudem entschieden (nicht anders als Herr Merz) etwa von der Berliner Verwaltung und von verschiedenen Universitäten erlassene Anordnungen zum Gebrauch der "Gendersprache": „Es gibt
niemanden, der das Recht hat, in eine Sprache einzugreifen“.
(https://www.deutschlandfunk...
Fazit:
Ihre Qualifizierung solcher Verordnungen als "das
Recht" (...), "jeden Menschen anzusprechen" unterstellt zugleich jedem, der eine verordnete "Gender-Sprache" ablehnt, dies nicht zu tun.
Dies stellt eine klare Verfälschung der Fakten und des gegenwärtigen Diskussionsstands dar. Und es wird zu einer propagandistischen Maßnahme verschärft, wenn Sie den Grundwert "Gerechtigkeit" allein
auf Gender-Sprachgebrauch projizieren und so Kritikern zugleich unterstellen, "Gerechtigkeit" verhindern zu wollen.
Zu (c):
Die Aussagen von Herrn Merz im genannten Spiegel-Interview werden von Ihnen verfälschend wiedergegeben.
Richtig ist, dass er (1) bei "Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern" als "rechtlich angreifbar" kritisiert, "Prüfungsarbeiten auch danach zu bewerten, ob die Gender-Sternchen verwendet werden
oder nicht"
und ebenso am "Recht" des "öffentlich-rechtlichen Rundfunks" zweifelt, "die Regeln zur Verwendung unserer Sprache zu verändern".
Und dass er (2) auf die Frage des "Spiegels", "Wer wollte ihnen das verbieten?" einwendet, "die Regierung Macron (hat) allen staatlichen Institutionen untersagt, die sogenannte geschlechtergerechte
Sprache zu verwenden".
Eine explizite Forderung des Herrn Merz, in
Deutschland "geschlechtergerechte Sprache staatlich verbieten lassen" - wie von Ihnen behauptet - ist nicht zu erkennen.
Ein korrekter Umgang mit fremden Aussagen gebietet sich aber für jedermann und auch in Kommentaren.
Zu (1)
Mit der Kritik an verschiedentlichen administrativen
Verordnungen einer "Gender-Sprache" in Deutschland (wie auch aus den Ausführungen oben hervorgeht) steht Herr Merz nicht allein. Und solche Kritik kennzeichnet in keiner Weise "rechtskonservative
Reflexzuckungen",
wie nicht nur Sie unterstellen.
Derselbe Anatol Stefanowitsch, der im oben genannten Artikel des Tagesspiegels am 7.06.2018 noch "bescheiden" nur von "einer Daseinsberechtigung" für "alternative Formen" spricht, unterstellt
bereits ein
Jahr später Kritikern seiner Behauptungen "Frauenfeindlichkeit" als Motiv und fordert selbst unverhohlen, "nun sei es Zeit, Vorschriften zu
erlassen".
(https://mmm.verdi.de/beruf/...
Zu (2)
Die Behauptungen von Herrn Merz betr. Maßnahmen in
Frankreich sind in der von ihm geäußerten Weise verkürzend und missverständlich, und sie kennzeichnen seine forsche Art, beliebig zu instrumentalisieren.
Der in Frankreich seit Jahrhunderten gewachsene völlig unterschiedliche Umgang mit der eigenen Sprache ist nicht einfach übertragbar.
Hier gibt es explizite Bemühungen um "Vereinheitlichung und Pflege der französischen Sprache seit 1631, offiziell von der Académie française wahrgenommen" . (https://www.sprachschach.de...
Seit 4. August 1994 gilt das "Sprachschutzgesetz" („Loi Toubon“), "das den Gebrauch des Französischen in der TV- und Radio-Werbung, im Arbeitsrecht, bei Veranstaltungen oder Kongressen und im
Unterricht vorschreibt", darüberhinaus Radiosender verpflichtet, "mindestens 40 % inländische Musik zu spielen". Dieses richtet sich vornehmlich gegen das unkontrollierte Eindringen von Anglizismen
in die französische Sprache.
Ein Anwendungsgesetz vom 3.Juli 1996 regelt darüberhinaus die Kontrolle: "Autorité de régulation professionnelle de la publicité" .
"Im Jahr 2017 hatte Edouard Philippe, Vorgänger des heutigen Premierministers Jean Castex, bereits die Verwendung von Gender-Schreibweisen in allen amtlichen Veröffentlichungen verboten."
Nach Stand vom 28.02.21 gibt es den Vorstoß eines
Gesetzesentwurfs von 60 Parlamentariern, der "Staatsbediensteten möglicherweise die Verwendung von Gender-Wörtern im Schriftlichen" verbieten will. (https://www.rtf1.de/news.ph...
Ein generelles "Gendern-Verbot" der "Regierung Macron", wie von Herrn Merz behauptet, gibt es dagegen nicht.
Dazu eine Übersicht: https://www.sprachschach.de...
Einen Überblick über Umgang mit der Problematik in verschiedenen Ländern gibt folgende Website: https://www.jetzt.de/haupts...
Fazit:
Eine gezielte Spaltung der Gesellschaft im Kulturkampfmodus und unter Zuhilfenahme von Geschlechterklischees wird in Deutschland von zwei Seiten, und namentlich auch von führenden Vertretern der
"Gendern"-Bewegung, von einzelnen Vertretern in Presse und Rundfunk sowie an bestimmten Hochschulen
betrieben.
Das Magazin "jetzt" bemerkt unter dem Titel "Gendergerechte Sprache hat ein Imageproblem": "Sie ist nicht nur holprig. Sie wird oft auch zu missionarisch verfochten." Und man folgert: "Denn auch,
wenn man vom eigenen Standpunkt absolut überzeugt ist, gibt einem das weder das Recht noch die Möglichkeit, ihn auch anderen aufzuzwingen."
(https://www.jetzt.de/haupts...
Dem ist nichts hinzuzufügen. Und es versteht sich, dass dies auch den Verzicht auf verfälschende Darstellung mit propagandistischer Intention bedeutet. Besonders in einer traditionsreichen Zeitung mit liberalem Anspruch, und auch in Kommentaren.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Engelmann
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Werner Engelmann - 2.11.2020
Kommentar, veröffentlicht auf "Bronski - das FR-Blog":
http://frblog.de/gendern-2/#comment-59914
"Es geht um Gerechtigkeit." - Was für ein großes, bedeutungsschwangeres Wort!
Es verweist auf Jahrzehnte lange Kämpfe in der Realität - etwa dem mutigen Kampf der Suffragetten um das Frauenwahlrecht. Doch für die Berechtigung, es - wie hier - auf die Metaebene zu schieben, für die Hoffnung, über Eingriffe in das grammatische System einer Sprache, über Bewusstsein ein neues Sein zu konstituieren, fehlt leider jeglicher wissenschaftlicher wie pragmatischer Beleg.
Nicht nur bei Marx kann man es ganz anders lesen.
Nicht anders bei der behaupteten Förderung von "Sensibilität". Uta Liebau hat es blendend ausgedrückt: "In der Flüchtlingsarbeit brauche ich sehr wenig Sprache, aber sehr viel Gesten der freundlichen Zuwendung."
Es ist zu fragen, wo denn diese bekundete "Sensibilität" bleibt, wenn kritisches Hinterfragen - selbst von hervorragenden Linguisten wie Peter Eisenberg - durch die Bank in die (vermeintlich) "rechte Ecke" gestellt, der "Frauenfeindlichkeit" verdächtigt wird. So durch den Antreiber dieser Bewegung, Anatol Stefanowitsch. Und wenn der Gleiche unverblümt äußert, "nun sei es Zeit, Vorschriften zu erlassen" und die lauten Bekundungen, es seien lediglich "Vorschläge", Lügen straft.
(https://mmm.verdi.de/beruf/gendern-frage-von-macht-und-kreativitaet-59523)
- Wenn, wie Annette Kröhler über ARD, ZDF und andere Organisationen resigniert berichten muss: "Diskussionen werden nicht geführt." Exakt das ist auch meine Erfahrung, etwa mit "gendern.de", wo, was sich nicht affirmativ unterordnet, verschwindet oder mit der Lupe zu suchen ist.
- Wenn - neben durchaus brauchbaren Vorschlägen - etwa das Fakewort "Studierendenwerk" empfohlen wird, ohne zu merken, dass es (entsprechend der wirklichen Wortbedeutung) Dauer-"Studierende" gar nicht geben kann. Oder, wenn selbst in der FR (wie Robert Klein berichtet) das Unsinnswort "Mitglieder:innen" auftaucht.
- Wenn - wie viele seriöse Linguisten nachweisen - vermeintliche "sexistische" Sprache durch systematische Sexualisierung (selbst in völlig neutralen Kontexten) "bekämpft" werden soll.
(Vgl. https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutschland-ist-besessen-von-genitalien-gendern-macht-die-diskriminierung-nur-noch-schlimmer/26140402.html)
- Wenn das (vermeintliche) "generische Maskulinum" zum Feindbild erhoben wird, das doch ganz einfach als Prinzip der Sprachökonomie zu erklären ist, das im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kontext auch Differenzierungen und "gerechte" Interpretation zulässt.
Wenn so also ein ganzes grammatisches wie semantisches System durcheinander gewirbelt wird, mit noch unabsehbaren Konsequenzen. Denn die vielen bereits aufgezeigten Widersprüche und unsinnigen Wortbildungen sind nur die Spitze eines Eisbergs.
Und das alles, weil - so Stefanowitsch - "Sichtbarkeit" als oberstes Prinzip der Kommunikation zu gelten habe, und offenbar nicht mehr die Möglichkeit einer differenzierten Verständigung in einer Sprachgemeinschaft. ("Warum Sprachwandel notwendig ist - Der Professor, die Professor, das Professor"-das-professor/26155414.html).
Die Herkunft eines solchen missionarischen Eifers ist unschwer auszumachen:
Ersetzt doch die viel gelobte Mentorin der "feministischen Linguistik", Luise Pusch, wissenschaftliches Vorgehen durch Mystifikation. So, indem sie den - vermeintlichen - "Sexismus" "der deutschen Sprache" direkt aus dem Schöpfungsbericht (Genesis, I,27) ableitet, daraus die (bescheidene?) Schlussfolgerung zieht, dass die gesamte deutsche Sprache "zu reparieren bzw. zu therapieren (ist), wie ich es gern nenne".
(Luise Pusch, Hauptsache Gendern, https://www.jetzt.de/hauptsache-gendern/gendern-linguistin-luise-f-pusch-ueber-das-gendersternchen-und-geschlechtergerechte-sprache), https://anschlaege.at/unsere-grammatik-bevorzugt-maenner/).
Wozu sie dann die Großaktion "Rettet das Femininum" ins Leben gerufen hat: "Wie lässt es sich am besten retten, wiederbeleben und weithin verbreiten? Natürlich durch eine gezielte Allergie gegen das Maskulinum." ("Das Deutsche als Männersprache", S.11).
In welche fatale Sackgasse und Isolierung sich die deutsche "feministische" Bewegung (und mit ihr offensichtlich auch weite Teile der Medien) begeben, haben weitsichtige Feministinnen und Feministen längst erkannt. So etwa die französische Feministin Élisabeth Badinter, welche die hier betriebene "Viktimisierung" der Frau scharf kritisiert und vor einer Rückkehr in überholte Rollenmuster warnt. Die auf die Notwendigkeit der "Gleichheit der Geschlechter" in der REALITÄT verweist. ("L' un est l'autre", 1986, deutsch: "Ich bin Du").
Denn: "Der Weg zu Gleichheit ist Gleichheit."
Ein Irrweg, der Gräben aufreißt und Nationalisten bestärkt, die sich so hemmungslos als die vermeintlichen "Wahrer des Deutschen" aufspielen können. Der auch positive Ansätze, eine wirklich notwendige Diskussion über sprachliche Sensibilisierung zu Zeiten zunehmender Brutalisierung, vor allem in Online-Medien, verschüttet.
Solche offenen, nicht dogmatisch verengten Diskussionen werden wohl nur noch vereinzelt in bestimmten Medien geführt. So z.B. auch in der letzten Ausgabe des "Freitag" (Ausgabe 41/2020). Oder auch auf mancher Website wie der: Google, FR-Forum + mein Name.
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Schreiben an den DUDEN
und andere
Zu: https://www.fr.de/politik/duden-gender-neu-sprache-woerterbuch-geschlechter-gerechtigkeit-neutral-forschung-kritik-zr-90161181.html
Veröffentlicht in:
https://www.fr.de/hintergrund/online-duden-wertet-weibliche-formen-auf-90162387.html#idAnchComments
Dazu auch: Artikel und Kommentare zu:
https://www.fr.de/meinung/kolumnen/experimentieren-ohne-vorschriften-90174084.html
An den Duden-Verlag
Redaktion
https://www.duden.de/kontakt
11.1.2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
das angekündigte Vorhaben Ihrer Redaktion eines (angeblich) "gendergerechten Online-Dudens" hat mich entsetzt - so wie insbesondere zahllose Menschen, deren Tätigkeit eng mit der Pflege der deutschen Sprache verbunden ist.
In meinem Fall ist das eine über 30jährige Tätigkeit als Mutter- und Fremdsprachenlehrer an 4 verschiedenen nationalen wie europäischen Institutionen und langjährige Unterrichtung junger Menschen aus fast allen europäischen Ländern.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass Ihr Vorhaben einen Bruch mit der Jahrzehnte alten Tradition des Duden-Verlags darstellt: der deskriptiven Bestandsaufnahme des Deutschen, welche erst die Reputation und die Anerkennung des Dudens als maßgebendes Nachschlagewerk begründete.
Ebenso ist eindeutig, dass die faktische Abschaffung einer gewaltigen Zahl geschlechtsneutraler Begriffe einen massiven normativen Eingriff in das grammatische System bedeutet.
Ich verweise in dem Zusammenhang auf das Vorwort zur 1. Auflage der Duden-Grammatik über die "Aufgabe einer Grammatik unserer Muttersprache, 'die innere Form des Deutschen' bewusst zu machen". (Paul Grebe, 1. Juni 1959)
Diese primäre Aufgabe Ihres Verlags wird von Ihnen missachtet, wenn Sie Belange der gesamten Sprachgemeinschaft partikularen Interessen und Interpretationen unterordnen, die unter der Vorgabe, "Sexismus zu bekämpfen", in Wirklichkeit eine sachlich unausgewiesene "sexistische Praxis" im Sprachgebrauch verallgemeinern.
(Nele Pollatschek, https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutschland-ist-besessen-von-genitalien-gendern-macht-die-diskriminierung-nur-noch-schlimmer/26140402.html)
Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten, dass, wer in Verantwortung für eine Gemeinschaft steht, die Auswirkungen seines Handelns auf die gesamte Gemeinschaft skrupulös zu überprüfen hat.
Auch diesbezüglich werfe ich Ihnen vor, Ihrer Verantwortung nicht gerecht zu werden.
Nach dem renommierten Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg ist "gerade das generische Maskulinum (...) eine in der Sprache tief verankerte, elegante und leistungsstarke Möglichkeit zur Vermeidung von Diskriminierung."
(https://www.tagesspiegel.de/wissen/debatte-um-den-gender-stern-finger-weg-vom-generischen-maskulinum/22881808.html)
Die praktische Abschaffung dieser elementaren grammatischen Kategorie auf definitorischem Weg, durch Gleichsetzung von Genus und Sexus, eröffnet einen fatalen Weg mit unabsehbaren Folgen für die oben genannte "innere Form des Deutschen" und aller Sprecher. So wären künftig zahllose Fälle, welche sich dieser Gleichsetzung widersetzen, aus dem Sprachsystem zu eliminieren resp. der voluntaristischen Forderung anzupassen.
Im Folgenden zwei Beispiele für den vorgezeichneten fatalen Weg:
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich selbst als "die Lehrkraft" vorgestellt wurde, was mich ebenso wenig störte wie alle anderen Anwesenden.
Haben zahlreiche Wortbildungen dieser Art künftig also aus dem deutschen Wortschatz zu verschwinden? Oder lieber die männlichen Kollegen aus dem Schuldienst, um einem binären - angeblich "gendergerechten" - Weltbild zu entsprechen?
Ich erinnere daran, dass bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in der Schweiz Männer als für die Unterrichtung von Grundschulkindern als ungeeignet angesehen wurden.
In der Konsequenz dieses Weges läge auch, dass die Universalität der Menschenrechte tangiert wäre - hätte man danach doch den Begriff "der Mensch" nicht mehr als adäquat für Frauen anzusehen. Wäre also, um dieses Weltbild zu retten, die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung von "Menschinnen-Rechten" zu fordern?
Dies zur Verdeutlichung, wohin die Reise wirklich geht, so man denen folgt, die solchen Vorstellungen frönen.
Die Absurditäten, die als Stolpersteine auf dem eingeschlagenen ideologischen Irrweg liegen, sind zahlreich.
Was mich dazu bewegt, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass auch hier eine Umkehr möglich ist.
Aber auch, dass eine Sprachgemeinschaft sich ihr Sprechen nicht auf Dauer von selbsternannten "Tugendwächtern" (oder "-wächterinnen") vorschreiben lässt.
Was in diesem konkreten Fall bedeuten würde, dass eine Redaktion, die ihrer gesellschaftlich anerkannten Funktion derart abtrünnig geworden ist, als überflüssig erkannt wird - mit allen entsprechenden Folgen für Ihren Verlag.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Engelmann
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Werner Engelmann - 2.11.2020
Ein Kommentar, der auf der Website des "deutschen Journalistinnenbunds"
nicht erscheinen durfte (kommentarlos gelöscht):
(http://www.bzw-weiterdenken.de/2020/05/gendergerechte-sprache-ist-mehr-als-ein-paar-weibliche-endungen/)
Zunächst einmal stimme ich Ihnen zu, dass sich die Plattform "gendern.de", was die Empfehlungen angeht, weitgehend auf das sonstige ideologische Hickhack verzichtet. Das kann auch nicht im Interesse von Menschen sein, denen an respektvoller Kommunikation gelegen ist.
Bei genauerem Hinschauen bietet sich allerdings ein anderes Bild: Die Stellungnahmen unter "Aktuelles" sind durchgehend affirmativ, auch unter Projekt/Presseschau werden, von 2 Ausnahmen abgesehen, rein affirmative Positionen, meist nicht kommentierbar, angezeigt. Eine der Ausnahmen ist das von "Redaktionswerk Deutschland", das den Aufruf des VDS, "Schluss mit dem Genderunfug" verbreitet, mit dem sich ein auf Ausgleich bedachter Mensch nicht gemein tun kann.
Es ist also durchaus eine Strategie erkennbar, einerseits Begeisterung vorzugaukeln, andererseits Konfrontation zu fördern und reflektierende Positionen bzw. realistische Alternativen beiseite zu schieben.
Deutlicher wird dies noch am Beitrag "Menschen machen Medien", wo etwa Anatol Stefanowitsch äußert, "nun sei es Zeit, Vorschriften zu erlassen" und die vorgegebene Absicht der "Gendersensibilität" Lügen straft. Und wo er Kritikern pauschalisierend "Frauenfeindlichkeit" unterstellen darf. (https://mmm.verdi.de/beruf/gendern-frage-von-macht-und-kreativitaet-59523).
(Ich habe mehrere der sachlichen und kenntnisreichen Kritiken durchgearbeitet und halte den Umgang damit für unerträglich.)
Als einer mit recht umfassender linguistischer Ausbildung bin ich auch entsetzt darüber, wie kritiklos verbalradikale Positionen wie etwa von Luise Pusch verbreitet werden, die Wissenschaftlichkeit durch Mystifikation ersetzt und sich messianisch berufen fühlt, die (angeblich) "sexistische" deutsche Sprache "zu reparieren bzw. zu therapieren, wie ich es gern nenne". (https://anschlaege.at/unsere-grammatik-bevorzugt-maenner/)
Solch dogmatische Einstellung der "feministischen Linguistik", besonders deren rückwärtsgewandter Versuch der "Viktimisierung" der Frau wird z.B. von der renommierten französischen Feministin Élisabeth Badinter scharf kritisiert. Sie isoliert sich auch von pragmatischeren Formen des Umgangs, etwa in England oder Frankreich.
Eine umfassendere Analyse habe ich auf folgender Website veröffentlicht:
https://www.fluechtlingstheater-kleiner-prinz.de/
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Diskussion in der FR, Oktober 2020
Werner Engelmann ->MartinDietze 26.10.2020
https://www.fr.de/meinung/liebe-leserinnen-und-leser-90072151.html#idAnchComments
O.k. Dann übernehme ich mal den Part des "Schelms" mit dem "bösen" Gedanken an einen Faktencheck:
- A propos FR: Kommentarmöglichkeiten gab es da einige (vor allem 9/20), freilich mit über 1-jähriger Verspätung .
- Genderleicht.de startete am 28. 6. 2019, Information von journalistinnen.de dazu (ohne Kommentarmöglichkeit) am 6.6.2020 (!)
- Eine Kommentar von mir mit sachlicher Bestandsaufnahme bei journalistinnen.de ist verschwunden, keinerlei Information
- Kommentare bei FR überwiegend durchaus kritisch, auch bei Frauen (z.B. https://www.fr.de/politik/f... das fehlt bei genderleicht.de völlig: unter "Aktuelles" nur Affirmatives
- Ähnlich bei genderleicht.de, Medienecho, mit 2 Ausnahmen:
Eine davon die Verbreitung des Aufruf des VDS, "Schluss mit dem Genderunfug", mit dem sich ein auf Ausgleich bedachter Mensch nicht gemein tun kann.
Dies zeigt, dass sehr wohl auf Verschärfung des Konflikts sowie Diskreditierung gesetzt wird und vor allem sachliche und abwägende Stellungnahmen verhindert werden.
- Zur Behauptung, es handle sich lediglich um "Vorschläge":
Anatol Stepanowitsch: " nun sei es Zeit, Vorschriften zu erlassen",
über Kritiker: „...bei den meisten steckt Frauenfeindlichkeit dahinter“
(/https://mmm.verdi.de/beruf/...
- Luise Pusch, 2018: "Englisch und Deutsch sind beide sexistisch, aber das Englische ist leichter zu reparieren bzw. zu therapieren, wie ich es gern
nenne."
(https://anschlaege.at/unser...
- Bescheidene Frage:
Waren Vorstellungen wie 1000 Jahre Sprachentwicklung auf der Couch der Psychotherapeutin bislang nicht eher Merkmal von Verschwörungstheorie?
Wie sagten Sie doch so richtig: "Ein Schelm..."
A propos:
Einen nicht veröffentlichten kritischen Beitrag habe ich in die Analyse auf der Website eingearbeitet, Teil: "Idealistische Sprachauffassung und reale Erfahrungen der Sprachlenkung".
Da die Website auf erstaunlich großes Echo stößt, werde ich weitere Beiträge unter "Zur Diskussion" veröffentlichen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, nehme ich da auch hilfreiche andere Beiträge auf. So bleibt Wesentliches zur Thematik gesammelt und auch längerfristig zur Einsicht bereit, ohne es wie eine
Stecknadel im Heuhaufen aufspüren zu müssen.
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MartinDietze ->Werner Engelmann 24.10.2020
https://www.fr.de/meinung/liebe-leserinnen-und-leser-90072151.html#idAnchComments
Danke, in der Tat interessant. Leider trifft aber ganz offenbar Ihre Beobachtung (die ich ja auch schon geäußert habe) zu, dass hier eine längst getroffene Entscheidung a posteriori "zur Diskussion" gestellt wurde, also von einer Einbeziehung der Sicht der Leser hier wohl leider keine Rede sein konnte. Das steht auch im Einklang mit der Beobachtung, dass andere Medien, die ähnliche Entschlüsse gefasst haben, hier ganz ähnlich verfahren.
Wie schon erwähnt, ist das in den 1990er Jahren noch entschieden verfolgte Ziel der Mitbestimmung durch direkte Demokratie (wenn es hier natürlich auch nicht um Politik, sondern um die freie Entscheidung sich als linksliberal verortender Mitarbeiter von Privatunternehmen geht) bei vielen leider nicht mehr "in", wenn man sich nicht in der Opposition befindet, ein Schelm, wer böses dabei denkt ;)
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Werner Engelmann, 23.10.2020
https://www.fr.de/politik/lasst-uns-spielen-90072416.html#idAnchComments
An alle Gender-Fans und alle, die sich damit schwerer tun.
Nun habe ich das Angebot der FR zur Diskussion über "gendergerechte Sprache" begrüßt.
Merkwürdig freilich, dass dieses zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Entscheidungen in den betreffenden Redaktionen bereits gefällt waren. Dennoch habe ich zu Gelassenheit plädiert.
(z.B. im Editorial https://www.fr.de/meinung/l....
Meine Ankündigung einer gründlicheren Analyse, zu der ich mich als ausgebildeter Linguist und Gewerkschafter seit über 50 Jahren verpflichtet fühlte, wollte ich auch durch eine Veröffentlichung
auf der Plattform von Verdi.de ("Menschen machen
Medien") einlösen.
(https://mmm.verdi.de/beruf/...
Diese wurde vom zuständigen Pressebüro von Verdi unter einem fadenscheinigen Grund abgelehnt, es sei "nicht vorstellbar", dass sie "noch viele Leser erreicht und zur Debatte anstößt".
Der Tenor ist ziemlich eindeutig:
Es darf - im Nachhinein - über das Wie einer getroffenen Entscheidung und den vorgeschriebenen Rahmen ihrer Umsetzung diskutiert werden, nicht aber über das Warum. Und ganz unerwünscht sind Beiträge,
die deren Fragwürdigkeit aufzeigen.
Ob das nun für eine Debatte völlig irrelevant sei, mögen interessierte User selbst entscheiden.
Dazu hier der Hinweis auf die Veröffentlichung:
zugänglich auf der Website, Google über "FR-Kommentare, Flüchtlingstheater".
Ich bin selbstverständlich zu Antworten und näheren Erläuterungen unter dieser Kommentarfunktion bereit.
Vorsorglich weise ich darauf hin, dass ich mich von jeglichem Versuch, meinen Beitrag für nationalistische Zwecke zu instrumentalisieren, entschieden distanziere.
Nur ein Hinweis:
Die Analyse hat zum Ziel, die Stringenz und Validität des theoretischen Ansatzes der "feministischen Linguistik" unter wissenschaftlich anerkannten Kriterien und Methoden der modernen Linguistik zu
überprüfen, und sie kommt zu einem sehr eindeutigen Ergebnis.
Z.B. über folgende "Argumentation" der Mentorin der "feministischen Linguistik", Luise Pusch:
"Sprachsystematisch und von der Entstehung her betrachtet ist es mit dem „-in“ wie mit Eva aus Adams Rippe: Die Frau wird aus dem Mann abgeleitet und hat einen niedrigeren Rang."
Daraus ihre Schlussfolgerung:
"Rettet das Femininum": "Wie lässt es sich am besten retten, wiederbeleben und weithin verbreiten? Natürlich durch eine gezielte Allergie gegen das Maskulinum."
Es sei daran erinnert, dass das angesprochene Projekt mit massiven Eingriffen in das grammatische und semantische System der deutschen Sprache unter dem Motto läuft, "die Genderdebatte zu
versachlichen" und sich als Anleitung versteht, "Rollenklischees zu hinterfragen".
Es darf die Frage gestellt werden, ob bzw. in welchem Maß die Leiter/innen dieses Projekts sich selbst an dieses Motto halten.
Als Einstimmung empfehle ich den Wikipedia-Artikel über die französische Feministin Élisabeth Bedinter, besonders den letzten Abschnitt "Feministische Irrtümer". Diese Ausführungen treffen hier in vollem Umfang zu.
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