Werner Engelmann
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9) Kommunikation kontra Subjektivismus

 

 

9.  Sprachentwicklung und verstehende Kommunikation kontra Subjektivismus

 

 

 

Als Martin Luther ab 1522 die Bibel ins Deutsche übersetzte, um „Christenmenschen“ aus päpstlicher Bevormundung zu befreien, da „schaute er dem Volk aufs Maul“. Anders als die Gendern-Bewegung heute wusste er, dass Voraussetzung für die Verbreitung seiner reformerischen Ideen die breite Akzeptanz der Sprache in der Bevölkerung war.

Der Respekt davor, was das Volk bewegt und wie es spricht, das hat ihn zum großen Reformer gemacht. So wurde er auch zum Begründer der neuhochdeutschen Sprache.

 

Und die neuhochdeutsche Sprache differenzierte und perfektionierte das lexikalische und grammatische System, wurde zur „Kultursprache“ und zur „Sprache der Philosophie“. Dies erfolgte im Zuge kultureller Entwicklung, denn Sprache verändert sich nie losgelöst von Realität.

 

 

Merkmale einer Kultursprache sind Differenzierung und natürliche Weiterentwicklung.

Dies bedeutet zweierlei:

 

(1) Jede Weiterentwicklung muss dem unumstößlichen Gesetz der Sprachökonomie entsprechen. Diese entspringt menschlicher Trägheit, welche immer die einfachste bzw. kürzeste Ausdrucksweise favorisiert.

 

(2) Mehrdeutigkeit von Begriffen und grammatischen Kategorien ist in jeder Sprache notwendig. Dies ist die logische Konsequenz der Tatsache, dass die Sprache nur eine begrenzte Zahl von Begriffen zur Verfügung hat, mit der sie aber eine fast unbegrenzte Zahl von Erscheinungen der Wirklichkeit annähernd korrekt abbilden muss.

 

Für korrekte, verstehende Kommunikation muss diese Mehrdeutigkeit aufgelöst und zu Eindeutigkeit geführt werden.

Dies ist faktisch immer problemlos möglich, freilich nur unter 3 Bedingungen:

 

- Eigenes Sprechen und Denken muss präzise und differenziert erfolgen.

- Als Hörer muss man sich auf Sprechbedingungen und Sichtweisen des Sprechers einlassen.

- Pauschalisierungen sind in jedem Fall, als Sprecher wie als Hörer, zu vermeiden.

 

   Auf die Gesellschaft bezogen, bedeutet dies:

Verstehende Kommunikation ist eine Frage von Spracherziehung und Sprachpflege, damit also auch von gesellschaftlicher Verantwortung.

 

 

Die Gendern-Praxis hingegen läuft fast allen der genannten Anforderungen entgegen.

 

- Sie widerspricht zunächst schon der Sprachökonomie in eklatanter Weise.

- Hier geht es auch nicht mehr um korrektes Verstehen. Stattdessen frönt man einem extremen Subjektivismus. Oberstes Prinzip ist, nach Luise Pusch, sich „als Frau“ jederzeit „gemeint“, nicht nur „mit-gemeint“ zu fühlen:

Zweck von Sprache wird die Befriedigung von Eitelkeiten.

 

Der renommierte Sprachwissenschaftler Prof. Peter Eisenberg bringt es auf den Punkt:

Aus diesem Grund hat sie einen „Krieg gegen das generische Maskulinum“ vom Zaun gebrochen. Und er nennt dies ein „Vergehen“ gegenüber „Normalsprechern“ und darüber hinaus „an der Sprache“. 36

 

 

 

Denn in Luise Puschs Ideologie steht das „generische Maskulinum“ für „Männlichkeit“ schlechthin, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Und sie fordert in einer „Großaktion ‚Rettet das Femininum‘“, dazu auf, gezielte Allergie gegen das Maskulinum zu schüren. 37

 

Schlimmere Pauschalisierung und Emotionalisierung des gesellschaftlichen Diskurses ist nicht mehr möglich. Und bereits ihre Sprache nimmt irrationale bis pathologische Züge an.

 

Diese Aggressivität gegen das „generische Maskulinum“ bedingt in vierfacher Weise grundlegende Fehler von Gendern-Fans:

 

- Genus („grammatisches Geschlecht“) wird gleichgesetzt mit „natürlichem Geschlecht“.

- Die geschlechtsneutrale Bedeutung des „generischen Maskulinums“ wird generell negiert.

- An dessen Stelle tritt pauschalisierend, ohne jegliche Beachtung des Kontextes, eine                                                          feminisierte, grammatisch meist unkorrekte Doppelform Form vom Typ „Beamt:innen“.

- Darüber hinaus werden Regeln der Rechtschreibung missachtet.

 

Kurz:          

Sexualisierung und Generalisierung ersetzen korrektes, kontextbezogenes Sprechen durch grammatischen Unsinn.

 Gendern wird zum sprachlichen Anti-Erziehungsprogramm.

 

 

In linguistischer Sicht ist dieser Sprachkrieg widersinnig und ohne rationale Grundlage.

 

Denn das generische Maskulinum im Deutschen „meint“ ja gar niemanden. Es bezeichnet vielmehr Menschengruppen – geschlechtsneutral, also unabhängig vom Geschlecht.

 

Und es entspricht voll und ganz der Forderung nach Zusammenwirken von Sprachökonomie und Differenziertheit. Es erlaubt zugleich eindeutiges Verstehen unter der Voraussetzung, den konkreten Kontext zu berücksichtigen.

 

Es stellt also keinen Mangel, sondern eine Qualität des Deutschen dar. Nach Einschätzung des renommierten Sprachwissenschaftlers Prof. Peter Eisenberg ist es daher unverzichtbar.

Und er stellt weiter fest: "Denn gerade das generische Maskulinum ist erine in der Sprache tief verankerte, elegante und leistungsstarke Möglichkeit zur Vermeidung von Diskriminierung." 38

 

 

Es ist nicht dem „generischen Maskulinum“ anzulasten - obwohl der Begriff missverständlich ist -, wenn es zum Sündenbock für „patriarchales“ Gehabe und Diskriminierung gemacht wird. Dafür maßgebend ist ideologisch geprägte Interpretation seitens der Gendern-Bewegung, die zugleich ein erhebliches Maß an historischer wie sprachlicher Ignoranz erkennen lässt.

 

Zudem verstellt die Fixierung auf ein sekundäres Problem, eine extrem polarisierte Auseinandersetzung um „Gendersternchen“ den Blick auf ein weit gravierenderes Problem:

den Angriff auf das grammatische System des Deutschen als solchem.

 

Denn nachdem man das „generische Maskulinum“ beseitigt hat, sucht man verzweifelt nach Ersatzformen. Angeblich zur „Verbesserung“, im Sinne „gendersensiblen Sprechens“, werden potentiell Tausende von wichtigen Wörtern aus dem deutschen Sprachgebrauch eliminiert.

 

Ein solcher Angriff auf das grammatische System selbst ist in der Sprachgeschichte einmalig.

 

Dies ist zugleich Indiz dafür, dass das Scheitern der Gendern-Bewegung unabdingbar ist. Denn nie in der Geschichte hat sich eine „Sprachreform“ auf Dauer durchgesetzt, die der Sprache als System „den Krieg erklärt“, die sie erheblich komplizierter macht und sie zugleich wesentlicher Mittel beraubt - kurz: die dem Grundprinzip der Sprachökonomie massiv zuwiderläuft und eine historische Rückentwicklung darstellt.

 

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36  bpb, Aus Politik und Zeitgeschichte, 5-7/2022, 

Peter Eisenberg, „Weder geschlechtergerecht noch gendersensibel“, S. 35 

Vgl. auch:  https://www.tagesspiegel.de/wissen/finger-weg-vom-generischen-maskulinum-5929225.html, 8.8.2018

 

37  „Das Deutsche als Männersprache“, S.11. Vgl. Fußnote 3, 24 und 25.

 

 

38   https://www.tagesspiegel.de/wissen/finger-weg-vom-generischen-maskulinum-5929225.html, 8.8.2018

 

 

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