28.12.2021
Zur politischen Analyse der Gendern-Bewegung
An alle Interessenten
Angefügt - und zum Herunterladen - finden Sie die neueste und vielleicht wichtigste (recht umfangreiche) Analyse zur Gendern-Bewegung. (Eine vergleichbare Analyse habe ich im Netz nicht gefunden.)
Es ist eine politische Analyse, ausgehend von Kernbegriffen und deren Selbstverständnis, unter ideologiekritischen, sozialgeschichtlichen und soziologischen Aspekten. Insbesondere wird dem Mantra "Recht auf Sichtbarkeit" von Anatol Stefanowitsch nachgegangen.
Aus der Analyse ergeben sich auch Hinweise für die (noch ausstehende) linguistische Analyse und den konkreten Umgang mit der Praxis des Genderns.
Hinweis:
Die Analyse kann auch "von hinten" her, ausgehend von der abschließenden Zusammenfassung in Thesen, gelesen werden. Diese zugespitzten Thesen können das Verständnis erleichtern.
Als Vorgriff auf linguistische Analysen so viel:
Ausgehend davon, dass die Forderung nach "Gendergerechtigkeit" (und nach Gerechtigkeit in einem umfassenderen Sinn gegenüber der gesamten Sprachgemeinschaft) als berechtigt anzuerkennen ist, muss zusammenfassend festgestellt werden, dass die Gendern-Bewegung dieser ihre eigenen Forderung in keiner Weise gerecht wird.
Dies dürfte auf einen grundlegenden Irrtum in das Gendern-Konzept eingeflossener "identitärer" Ideologie und ein rückwärtsgewandtes Frauenbild zurückzuführen sein, sodass keinerlei produktive Ansätze erkennbar sind.
Ein konstruktiver Ansatz im genannten Sinn müsste im Gegensatz zur Forderung von Stefanowitsch von einem "Recht auf Unsichtbarkeit" der Geschlechtlichkeit ausgehen, also einem Ansatz, der Universalität (statt engstirniges Beharren auf "Identität") in den Mittelpunkt stellt und das Gleichheitsprinzip als so selbstverständlich ansieht, dass es nicht permanent demonstriert werden muss.
Dies entspricht auch mehr einem universal orientierten, aufgeschlossenen Feminismus (etwa von Élisabeth Badinter) als dem engstirnigen amerikanischer und gegenwärtig auch deutscher Prägung.
Möglichkeiten können etwa darin gesehen werden, bereits im Deutschen vorhandene "geschlechtsneutrale" Formen der Begriffsbildung auszubauen, so bei der Substantivierung von Adjektiven oder Verbformen:
der/ die Weise, der/die/das Schöne, der/die Gelehrte, der/die Angestellte, der/die Geflüchtete.
Nicht:
der/die Studierende (Verlaufsform) statt Student/Studentin (Funktionsform). Diese von der Gendern-Bewegung missbräuchliche Einführung von "Ersatzformen" zerstört im grammatischen System gewährleistete elementare Bedeutungsunterscheidungen. (Ein Hinweis auf fehlende Sensibilität und Inkompetenz selbsternannter "Sprachreformer")
In eine solche Richtung könnten Hinweise für eine sinnvolle und nachhaltige Weiterentwicklung der Sprache gehen, die der "inneren Form" des Deutschen (Hans Glinz) entspricht.
Vorschläge können über das Kontaktformular eingebracht werden und sind willkommen.
Ich wünsche allen Interessenten ein gutes und hoffentlich gesundes Neues Jahr.
Werner Engelmann, 28.12.2021
Hinweise zum Projekt "Gendern-Analysen"
- Die Abordnuung erfolgt in umgekehrter Reihenfolge zum Datum der Veröffentlichung: letze Veröffentlichung zuerst.
Werner Engelmann, 10.11.2021
Während unter den anderen Rubriken aktuelle bzw. bereits veröffentlichte Beiträge zum Gendern-Problem in unsystematischer Weise zur Diskussion gestellt werden, strebt das in dieser Rubrik veröffentlichte Projekt an, die wesentlichen Aspekte der Gendern-Problematik etwas systematischer zu erfassen. Die Erarbeitung wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Die Diskussion der bereits veröffentlichten Teilbeiträge ist auch in dieser Rubrik möglich und erwünscht.
Zu Grundproblem und gesellschaftlicher Situation:
Die gemeinsame Sprache ist das wertvollste Gut der Kommunikation sowie des Selbst- und Weltverständnisses, das eine Sprachgemeinschaft zusammenhält. Jede Form der Veränderung oder des Eingriffs in die Sprache als System betrifft die Gesamtheit der Sprecher und ist vor dieser zu verantworten. Dies erfordert die Akzeptanz durch die Gesamtgesellschaft, und dies wiederum hat zur Voraussetzung eine möglichst breite gesamtgesellschaftliche Diskussion.
Eine solche hat aber in Deutschland in der nötigen Weise nie stattgefunden. Einzelne diskutierte Artikel in unterschiedlichen Printmedien bis Mitte 2020 oder "Leitfäden" des Genderns in universitären Kreisen erfüllen diese Anforderung in keiner Weise.
Nach diesem Zeitpunkt wurde "Sprachveränderung" eigenmächtig und nach eigenem Gusto exekutiert: von bestimmten Printmedien sowie von Kreisen, die sich selbst als "Vorhut" der Gesellschaft verstehen. Dies hat in der Folge zur Spaltung der Sprachgemeinschaft geführt.
Unter der Rubrik "Zur Diskussion: Gendern" (Datum; 13.10.2021) wird auf diese höchst problematische Vorgehensweise näher hingewiesen.
Zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation:
Es mag befremdlich klingen, in einer Zeit, in der die Gesellschaft mit existentiellen Problemen der Pandemie zu tun hat, dieser Problematik seine Aufmerksamkeit zu widmen.
Es ist aber zu beachten, dass dies ein längerfristig angelegtes Projekt ist und die Auswirkungen der eingeschlagenen Gendern-Strategien erst langfristig sichtbar und wirksam werden.
Die bereits festzustellende sprachliche Spaltung der deutschen Sprachgemeinschaft ist nur ein erstes Symptom einer drohenden weit gefährlicheren Weiterentwicklung zu einer Art Kulturkampf, wie er in den USA (höchst problematisches Vorbild für Gendern-Aktivisten und -Aktivistinnen) bereits voll im Gange ist.
In der Rubrik "FR-Diskussionen: Gendern und Umgang damit" wird unter "Gendern aktuell, 21.8.2021" auf Versuche im Wahlkampf, insbesondere durch Friedrich Merz, hingewiesen, die Gendern-Problematik zum Zweck der Spaltung linker Parteien zu instrumentalisieren. Auch wenn dem zunächst kein Erfolg beschieden war: Dieser Politiker mit durchaus demagogischem Potential hat den Pferdefuß der Gendern-Bewegung erkannt, der sie von weiten Teilen der Bevölkerung isoliert und die Spaltung vorantreibt.
Derselbe Friedrich Merz schickt sich nun an, Vorsitzender der größten Oppositionspartei und Oppositionsführer zu werden. Unter diesen Bedingungen sind für die nächsten Jahre ähnliche Versuche, vielleicht in weit massiverer Weise (auch dies nach US-amerikanischem "Vorbild") zu erwarten, mit den genannten zu befürchtenden Folgen.
Einer solchen Gefahr vorzubeugen, der Gefahr der Vertiefung der Spaltung entgegenzuwirken, das setzt voraus, sich sachlich und selbstkritisch mit der Problematik auseinanderzusetzen, andere Sichtweisen zu respektieren und Gemeinsamkeiten der Sprachgemeinschaft im Auge zu behalten.
Zur Grundidee des Projekts:
Zu dem eben Genannten einen Beitrag zu leisten ist Hauptzweck dieses Projekts.
Dazu soll eine etwas umfassendere Analyse der wesentlichen Aspekte dieser Problematik erarbeitet und dabei die einzelnen Ergebnisse bereits im Prozess der Erarbeitung zur Diskussion gestellt werden.
Angestrebt wird die Veröffentlichung einer zusammenfassenden Gesamtanalyse, in die - bei Zustimmung - auch kritische Stellungnahmen zu diesem Projekt eingehen können. Bereits veröffentlichte Beiträge werden in diese Gesamtanalyse integriert.
20.11.2021
Im Folgenden wird der letzte gegenwärtig vorliegende Teil der "Gendern-Analysen" veröffentlicht.
Dieser stellt vielleicht mit den wichtigsten Teil dar.
1., weil fast die gesamte Gendern-Praxis darauf (als "theoretischem Fundament") aufbaut und insbesondere Anatol Stefanowitsch sich ausdrücklich darauf bezieht,
2., weil auch nach so langer Zeit kaum eine brauchbare Rezension vorliegt und
3., weil den peinlichen Lobhudeleien auf "Gendern"-Plattformen dringend eine kritische und sachlich ausgewiesene Rezension und Analyse entgegengestellt werden muss.
Dazu noch eine persönliche Bemerkung zu den Erfahrungen bei der Analyse:
Obwohl mir davor schon einige Informationen zur Autorin und zu Reaktionen bekannt waren, hat mich der im Folgenden beschriebene Radikalisierungsprozess doch erschüttert. Dies umso mehr, als es viele Hinweise dazu gibt, dass es sich hier nicht um ein persönliches Problem handelt. Und dass die zentrale Stellung der Autorin in der Gendern-Bewegung nicht auf die diskutablen Recherchen, sondern darauf zurückzuführen ist, was Luise Pusch euphemistisch "radikalfeministische Verve" nennt - im Klartext: auf eben diese, sich quasi im Selbstlauf vollziehende Radikalisierung.
Dies scheint also ein gesellschaftliches Phänomen zu sein, das sich in die Diskussion um "Fake-news", um vermeintlich unbeschränkte "Meinungsfreiheit" einfügt, für die es keine Fakten, keine Erkenntnis, sondern nur noch "Meinungen" gibt. Die nur noch vorab festgelegte, entschiedene "Parteilichkeit", aber keine anerkannten Standards im gegenseitigen Umgang mehr kennt.
Angesichts dessen gab es während der Analyse, trotz der eingangs formulierten Selbstverpflichtung auf Sachlichkeit, keine andere Möglichkeit als bisweilen eine kritische ironische Distanz einzunehmen, insbesondere bei der erforderlichen verkürzenden Darstellung. Alles andere erschien als eine unangemessene Aufwertung und Verharmlosung.
Selbstverständlich muss auch solch eine Position sich der öffentlichen Kritik stellen, und dies geschieht hiermit. Kritische Stellungnahmen dazu sind willkommen.
Es versteht sich, dass daraus keine vorschnellen Wertungen bezüglich der noch ausstehenden Analyse der gegenwärtigen Praxis des Genderns abzuleiten sind. Die hier beschriebene Problematik wird sich aber nicht einfach bei Seite schieben lassen.
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Die Erarbeitung des noch fehlenden 3. Teils wird aus persönlichen Gründen voraussichtlich noch einige Zeit beanspruchen. Er wird zu gegebener Zeit nachgeliefert.
Die Textfunktion zum Herunterladen wird eröffnet, sobald die vollständige Version vorliegt.
Allen Freude und fruchtbare Gedanken beim Lesen!
Werner Engelmann
Zum Projekt "Gendern-Analysen"
Vorwort
Werner Engelmann, 10. 11. 2021
Wer, wie hier, umfangreiche Analysen zum Gendern-Problem starten will, der sollte sich schon im Vorfeld einige Gedanken machen: nicht nur über die eigene Zielstellung, sondern auch über die möglichen zu untersuchenden Fragestellungen und Objekte und darüber hinaus über Abwehr von Versuchen der Instrumentalisierung.
Die Zielstellung der anvisierten Analysen in mehreren Folgen ist, allgemein gesprochen, einen konstruktiven Beitrag zu leisten zu einer breiten Diskussion über ein Problem, das die Gesellschaft - in diesem Fall die Sprachgemeinschaft - spaltet und zu weiteren Verwerfungen zu führen droht. Dazu gehört auch eine ideologiekritische Analyse, welche die dafür maßgebenden, ideologisch bedingten oder aus bloßem Bauchgefühl erwachsenen Voreinstellungen aufzuzeigen hat.
Die zu untersuchenden Fragestellungen und Objekte schon von vornherein detailliert aufzuführen, wäre wenig sinnvoll. Festzulegen sind aber die prinzipiellen Schwerpunkte der Analyse und die anzuwendenden Methoden.
Methodische Herangehensweise ist zunächst die exemplarische linguistische Analyse der Praxis des Genderns sowie deren theoretischen Begündungen, darüber hinaus aber auch der weiterreichenden Folgen für das Sprechsystem wie für deren Sprecher.
Dies ist zu ergänzen durch eine politische Analyse, welche sich mit Beweggründen der Sprecher für die jeweiligen Positionen befasst, aber auch Gründe etwa für dogmatische Verhärtungen aufzeigt.
Und schließlich sollen, darauf aufbauend, Möglichkeiten einer anderen Interpretation des sprachlichen Befunds und mögliche Kompromisslinien aufgezeigt werden, welche nicht zu so verheerenden Auswirkungen auf die Sprache führen.
Nicht verschwiegen sei, dass die anstehenden Analysen kritisch gegenüber der gegenwärtigen Praxis des Genderns sein werden:
Dies erscheint notwendig: Einerseits aus einer gesellschaftlichen Verantwortung heraus, welche sich nicht auf Sichtweisen einer selbsternannten "Elite" beschränken darf, sondern die Belange aller Sprecher der Sprachgemeinschaft im Auge haben muss.
Andererseits basiert diese Untersuchung auch auf persönlichen Erfahrungen: theoretischer Art durch ein abgeschlossenes Germanistik- und speziell Linguistik-Studium; praktisch durch 30-jährige Erfahrungen als Muttersprachen- und Fremdsprachenlehrer in mehreren Ländern und EU-Institutionen; darüber hinaus auch durch schriftstellerische Erfahrungen im Umgang mit dem Deutschen als Autor einer Roman-Trilogie.
All dem gemeinsam ist eine intensive Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache, ein dabei gewachsener Respekt vor deren Leistungen und die Sorge um deren unbeschädigten Erhalt als großartiges Mittel der Kommunikation sowie des Selbst- und Weltverständnisses.
Die genannten Zielstellungen und konkreten Erfahrungen implizieren die Notwendigkeit, sich von vornherein von Versuchen der Instrumentalisierung zu politischen bzw. ideologischen Zwecken klar und unmissverständlich abzugrenzen.
In diesem Falle sind solche Versuche vor allem von nationalistischen Kreisen zu erwarten, die sich als "Bewahrer der deutschen Sprache" aufspielen, mit der unverkennbaren Absicht, rückwärtsgewandten patriarchalen Vorstellungen, Strömungen und Parteien das Wort zu reden.
Dies schließt freilich keineswegs die Feststellung aus, dass der Anlass für solche Instrumentalisierung, oft, bewusst oder unbewusst, vielleicht sogar überwiegend, von Gendern-Befürwortern und vor allem -Propagandisten gegeben wird: sei es aus wohlmeinendem missionarischem Eifer, sei es aus dogmatischer Einstellung oder schlicht aus Ignoranz in Bezug auf die zur Debatte stehenden sprachlichen Phänomene. Solche persönliche Motivlagen im Einzelfall zu ermitteln wäre für die Untersuchung aber weitgehend ohne Belang. Es zählen die Fakten.
Wenn eine exemplarische Analyse von kontraproduktiven Auseinandersetzungen mit gegenseitigen Unterstellungen im Zusammenhang der politischen Analyse auch nicht ganz umgangen werden kann, so ist doch Sorge zu tragen, dass die Untersuchung nicht selbst in den Strudel ideologischer Auseinandersetzungen gerät oder sich gar dadurch dominieren lässt.
Dementsprechend soll zunächst eine möglichst nüchterne linguistische Analyse der theoretischen Grundlagen des Genderns und danach eine kritische Untersuchung vermeintlich notwendiger weitreichender Eingriffe in das grammatische und lexikalische Sprachsystem des Deutschen im Vordergrund stehen.